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Schön, schön war die Zeit …

16957_1Werbung für Bush/Cheney kann richtig Spaß machen!

In: Telepolis, 14.3.2004 wird berichtet:
"Subversive Slogans, generiert mit dem "Sloganator" von Bushs Wahlkampfleuten


Die Wahlkampfstrategen hinter www.georgewbush.com müssen sich wohl daran gewöhnen, dass subversive Ingenien ihnen auf Schritt und Klick folgen - egal ob es sich dabei um Freund oder Feind handelt. Jüngstes Beispiel: Der Sloganator.

Der Sloganator ist tot, es lebe der Sloganator. Mit diesem Feature konnte man auf der Website vom amtierenden Präsidenten Wahlplakate mit eigenen Slogans generieren. Ein "full-size" Poster im PDF-Format mit selbst gedichtetem Wahlspruch - wer könnte da widerstehen, und sei es nur, um herauszufinden, wie weit man beim Texten gehen kann. Bloggerin Ana Marie Cox (www.wonkette.com) hat über 200 Slogan-Zusendungen bekommen, die zu einem großen Teil als Bush Cheney Subverts auf einer extra eingerichteten Site gespeichert werden sollen.

Weiter bei Telepolis

helftunssiegenDas ist ja ein beliebter Einwand seitens ideologiekritischer Linker gegenüber der Idee der Kommunikationsguerilla: KG sei nichts anderes als das, was die Werbung sowieso mache. Noch schlimmer in ihren Augen, wenn man denen auch noch die Vorlagen liefere.
Ein Beleg hierfür könnte folgender Weblog-Eintrag von Bernd Röthlingshöfer,
einem sendungsbewussten Werbefuzzi, sein, der die autonome Linke (respektive die Kommunikationsguerilla) zu den Vätern des "Guerilla Marketings" zählt:
    "Die Väter des Guerilla-Marketing

    Guerilla-Marketing ist in - und wird mit meist den Bestsellern Das Guerilla Marketing Handbuch oder Guerilla Werbung von Jay C. Levinson in Verbindung gebracht. Wie man mit Fakes und Spaß-Events die Medien auf sich aufmerksam macht, wussten allerdings schon die autonomen Linken. Das Handbuch der Kommunikationsguerilla zeigt auch dem gestandenen Werbe- und PR-Profi gekonnte Beispiele aus dem subversiven Untergrund. Es beschreibt Prinzipien, Methoden, Techniken und Praxen, Gruppen und Aktionen, die in gesellschaftliche Kommunikationsprozesse eingreifen.
Das haben beide nicht verdient:
  • die autonome Linke war in ihrer überwiegenden Mehrheit nie Kommunikationsguerilla, die sich mit Identitätspolitik schlecht verträgt -
  • und das Guerilla-Marketing ist auch nur eine Erfindung cleverer Werbeleute, um wieder mal einen Wechsel von irgendetwas einzuläuten. Die müssen sich regelmässig selbst neu erfinden)
Die autonome a.f.r.i.k.a.-gruppe hat hinsichtlich der möglichen Verwechselbarkeit mit Werbung im zweiten Plakatbuch von HKS 13 ein paar Anmerkungen formuliert:

"Die Frage nach der aktuellen Wirkung dieser Politikformen lässt sich nur beantworten, wenn man den Wandel berücksichtigt, der in den letzten Jahren zu einer grundlegenden Änderung der Bedingungen von Arbeit und Produktion geführt hat. Die für den Fordismus typische Arbeitsorganisation wurde im Post-Fordismus von einer neuen Form, wenn nicht gar einer Neubestimmung von Arbeit selbst abgelöst. Dabei nahm die Bedeutung von "immaterieller" bzw. "mentaler" Arbeit immens zu. Dadurch wird nicht nur die Produktion von Gütern in den Ländern der dritten industriellen Revolution immer mehr durch Kommunikation bestimmt, sondern die menschliche Kommunikation selbst zu einem Produkt. Die Produkte sind in der Regel selbst schon Symbole und Bilder, oder ihr Tauschwert wird durch den Symbolgehalt wesentlich mitbestimmt. Die Lufthansa verkauft eben nicht nur Flüge, sondern auch das dazu gehörende Lebensgefühl: Modernität, Mobilität, Weltoffenheit, Freiheit. Lifestyle-Marken wie Nike funktionieren so.

Die wachsende Bedeutung von Zeichen und Symbolen geht mit einer technischen Entwicklung einher, die Kommunikationsguerilla begünstigt: Nicht zuletzt auf Grund der besseren digitalen Produktions- und Kopiertechniken sind Fälschen, Faken und Imitieren vielfältiger und einfacher geworden.

Für Kommunikationsguerilleras ist es nicht nur einfacher geworden, Symbole der Macht zu entwenden und umzunutzen, zugleich bekommt die Praxis der Imagebeschmutzung auch eine neue Durchschlagskraft. Wenn diese symbolische Ebene für den ökonomischen Erfolg eines Konzerns immer wichtiger wird, kann umgekehrt auch eine subversive Politik genau dort angreifen und durch das Beschädigen von Images den ökonomischen Erfolg bis in ruinöse Dimensionen beeinträchtigen. Das konstituiert eine neue Ebene von Verletzlichkeit. Vor diesem Hintergrund nimmt die Diskussion um die mitunter belächelte "symbolische Politik" der Kommunikationsguerilla eine fast paradoxe Wendung. Gerade weil sie auf der symbolischen Ebene vorgeht, erzielt sie Wirkungen auf der ökonomischen Ebene. Hier bekommt das Konzept "Imagebeschmutzung" Durchschlagskraft, da es den Kampf um die Deutung der Bilder aufnimmt und nicht ominösen guten alten Zeiten vor den Werkstoren nachtrauert."


Der ganze Text (autonome a.f.r.i.k.a.-gruppe: Imagebeschmutzung
Macht und Ohnmacht der Symbole. In: HKS 13 (Hg.): Vorwärts bis zum nieder mit. 30 Jahre Plakate unkontrollierter Bewegung. ISBN 3-935936-05-2, Verlag Assoziation Berlin) wurde in der com.une.farce nr. 5 online (.pdf-file 2 MB) veröffentlicht.

Daran anknüpfend ließe sich der naheliegende Schluss, weil die Werbung in dieser Weise an KG interessiert ist, ist die KG als Form des politischen Handelns und der Kritik der gesellschaftlichen Verhältnisse auf der Höhe der Zeit (im Sinne von Produktivkraft und Produktionsmitteln).

Try this at home ...

[Comunicazione guerriglia - DeriveApprodi]

il manifesto, 14-3-2001, Cultura, Pag. 12
All'assalto dell'ordine del discorso "Comunicazione-guerriglia", un manuale per muoversi in una realtà dominata dalla comunicazione
di Arturo Di Corinto

"Luther Blissett direbbe che si tratta di un libro di omeopatia mediatica."

comunicazione-guerrigliaFNTAutonome a.f.r.i.k.a. gruppe, Luther Blissett, Sonja Brünzels
Comunicazione-guerriglia. Tattiche di agitazione gioiosa e resistenza ludica all’oppressione Introduzione di Roberto Bui (Wu-ming Yi)

Attenzione - versione italiana in rete

Pensiamo che la pubblicazione per intero di Comunicazione-guerriglia vi possa interessare.....

"Come si nota da sopra, "Comunicazione-guerriglia" è un testo no copyright; può essere stampato, estrapolato nelle sue parti, fotocopiato, pubblicato su internet in questo caso, senza che vengano applicate le norme sul copyright(ovvero senza finire dentro). E' comunque edito in Italia da DeriveApprodi."

Hier gibt es die italienische Ausgabe des Handbuchs der Kommunikationsguerilla (bei Derive Approdi erschienen) vollständig im Netz (Vorsicht, gegenüber der deutschen Ausgabe doch um ein entscheidendes Kapitel gekürzt; das layout ist auch im buch selbst furchtbar und das Cover, das ist wohl selbst eine KG-Aktion).

des "Handbuchs der Kommunikationsguerilla" sind ungefähr so wie der Laden selbst ... man braucht sie eigentlich nicht ...

Eine kleine Torten-Diskussion über den Sinn und Unsinn sowie den angeblichen Gewaltcharakter von Tortungen findet sich im Weblog von Diza

Wahrscheinlich keine Kommunikationsguerilleros, weil wahrscheinlich wie Adbuster zu dröge Konsumfeinde (Kommunikationsguerilleros lieben im übrigen Werbung, weil damit schöne Sachen gemacht werden können) aber handwerklich wohl vom Fach ....

Ach ja noch eines: "Werbung macht nicht dumm", sondern es sind die Subjekte, die etwas tun oder lassen ... nur damit sich die Manipulationstheoretiker hier nicht das Ticket der Kommunikationsguerilla ziehen können .... you're not in the club ...

Berliner Zeitung, 12.3.2004
Gegen die Tyrannei der Marken
Pariser Werbefeinde landen vor Gericht

PARIS, 11. März. "Werbung macht dumm!" "Reklame schadet deiner Gesundheit!" "Nieder mit dem Werbe-Sexismus!" Mit Spraydosen, Farbrollen, Pinseln und Filzstiften machten sich französische Werbefeinde über die großen Plakate in den Gängen der Pariser Metro her und verhunzten die grellen Botschaften von Supermärkten, Getränkefirmen oder Fluggesellschaften. Die Pariser Verkehrsbetriebe RATP fanden das nicht lustig und klagten wegen Sachbeschädigung. Jetzt standen 62 Werbefeinde, die sich hatten schnappen lassen, vor einem Pariser Zivilgericht. Die RATP will von ihnen 922 000 Euro Schadenersatz.
Weiter in der Berliner Zeitung


Und auch die Süddeutsche Zeitung (12.3.2004) berichtet:

Subversiver Angriff im Untergrund

In Paris stehen 62 Sprayer vor Gericht, weil sie Werbeplakate in den Métro-Stationen mit Protest-Parolen gegen den Konsum verzieren.
Von Gerd Kröncke

Die Untergrundkämpfer mit den Spraydosen kamen immer am Freitagabend. Sie haben der Werbung den Krieg erklärt, und wo sie auftauchten, sahen die Wände der Métro-Stationen von Paris hinterher anders aus als vorher, wenn auch nicht schöner. An manchen Stellen gab es kein Plakat mehr, das unbefleckt, unbeklebt oder unbeschrieben geblieben wäre.

Sie waren Hunderte – fast ausschließlich junge Leute, aufgeteilt in kleinere Kampfgruppen. Schon die Über-30-Jährigen waren die Ausnahme in diesem subversiven Spiel. Es ging immer alles sehr schnell, aber ohne Hast. Die Stimmung war entspannt, man machte sozusagen einen Job. Ehrenamtlich und zum Wohle der Konsumenten.


Weiter bei der Süddeutschen Zeitung

Süddeutsche Zeitung (12.3.2004)

Frankreich
Subversiver Angriff im Untergrund

In Paris stehen 62 Sprayer vor Gericht, weil sie Werbeplakate in den Métro-Stationen mit Protest-Parolen gegen den Konsum verzieren.
Von Gerd Kröncke

Die Untergrundkämpfer mit den Spraydosen kamen immer am Freitagabend. Sie haben der Werbung den Krieg erklärt, und wo sie auftauchten, sahen die Wände der Métro-Stationen von Paris hinterher anders aus als vorher, wenn auch nicht schöner. An manchen Stellen gab es kein Plakat mehr, das unbefleckt, unbeklebt oder unbeschrieben geblieben wäre.

Sie waren Hunderte – fast ausschließlich junge Leute, aufgeteilt in kleinere Kampfgruppen. Schon die Über-30-Jährigen waren die Ausnahme in diesem subversiven Spiel. Es ging immer alles sehr schnell, aber ohne Hast. Die Stimmung war entspannt, man machte sozusagen einen Job. Ehrenamtlich und zum Wohle der Konsumenten.

Keine fest gefügte Struktur

Es gab keine fest gefügte Struktur, vielmehr trafen sich Leute, die sich zuvor nicht kannten und doch gleich gesinnt waren. Dabei ist Mund-zu-Mund-Propaganda längst die Kommunikation des vergangenen Jahrhunderts. Ihre Stelle hat das Internet eingenommen. Doch was da in der U-Bahn von Paris – und inzwischen auch in den wichtigsten Städten der Provinz – für die einen als antikapitalistisches Happening gilt, wird von anderen als Angriff verstanden.

Besonders von denen, die Reklame bezahlen oder dafür bezahlt werden. Sie haben schließlich die Polizei und die Gerichte zu Hilfe gerufen. So mussten sich also diese Woche 62 Beschuldigte vor einer Zivilkammer in Paris verantworten. Die meisten waren an einem Freitag im November vorübergehend festgenommen worden, fast nur Männer. Die Frauen blieben von den Polizisten unbehelligt, weil keine Polizistinnen dabei waren, die sie hätten durchsuchen können.

An die tausend „Viermaldrei“ schmücken oder verschandeln die Métro-Stationen, je nach Betrachtungsweise. Vier mal drei Meter sind die klassischen Maße einer Werbe-Wand. Einige Hundert haben die, die sich als Résistance gegen die Manipulation verstehen, an ihrem besten Abend mit ihren eigenen Botschaften versehen.

Ein Spruch auf einem Plakat für Unterwäsche, auf dem mehr Haut als Unterwäsche zu sehen war: „Frauen sind nicht zu verkaufen“. Sie sprayen gegen Sexismus, gegen Konsum, gegen Manipulation, gegen Verlockungen einer schöneren Scheinwelt. Manches ist halbwegs originell, wie die Parole auf einer Karibik-Ferien-Werbung: „Besonders geeignet für Sozialhilfe-Empfänger“. Der immer wiederkehrende Slogan lautet schlicht „ras le bol“: „Schnauze voll von Werbung“ oder „Stopp la pub“.

Ehrenname Robert Johnson

Viele heißen Robert Johnson, das ist eine Art Ehrenname, den sich zulegt, wer sich zur Avantgarde der Sprayer zählt. Der authentische Robert Johnson war ein Werbe-Millionär, der sich in den Siebzigerjahren angeekelt von der Werbung abwandte und sein Talent gegen sie verwendete. Seinen Kindern verbot er, weiter TV-Werbung anzugucken. Er kreierte schöne Sprüche wie „Denken oder Kaufen“ gegen den Konsum. Heute wird er von beiden bewundert, von denen die werben und denen, die sie bekämpfen.

Die jungen Leute, die Robert Johnson heißen wollen, wurden von der Werbefirma „Métrobus“ mit einer Klage überzogen. 922.000 Euro Schadenersatz werden gefordert, eine absurde Summe für alle Sprayer und Maler. Reinigung und neues Kleben waren der größte Posten, die Auftraggeber der Werbung sollten auch entschädigt sein. Manche Designer versuchen schon, die Bildersprache der Sprayer aufzunehmen. So sind die Plakate für ein mondänes Pariser Kaufhaus mit einer graffiti-artigen Schrift versehen. Auch diese blieben nicht verschont.

Beim Prozess gegen die 62 von Paris, wollte die Verteidigung auch Yvan Gradis als Zeugen bitten, einen Aktionisten, der schon seit zwei Jahrzehnten mit seiner Gruppe Rap („Résistance à l’Aggression Publicitaire“) seinen Anti-Reklame-Feldzug führt. „Ihre Aktionen“, hätte er gern vor Gericht gesagt, „sind rechtens und bewundernswert, weil sie gewaltlos sind und sich nicht gegen die Einrichtungen der Métro richten.“

Doch wollte der Richter ihn nicht hören. „Die Werbung ist ein Fluss“, hätte Gradis dem Gericht noch gesagt, „der leicht alles überfluten kann.“ Auch der Schriftsteller Frédéric Beigbeder, der selbst einmal Werbetexter war und sich mit seinem Anti-Werbe-Buch „99 Francs“ einen Namen als einer der schärfsten Kritiker gemacht hat, wartete vergeblich. „Ist es richtig“, fragte ihn vor der Tür eine junge Frau, „dass 50 Prozent der Werbung wirkungslos ist?“

Auch der dritte Zeuge der Verteidigung blieb ungehört. Dabei hätte Oliviero Toscani, ein Künstler der Werbung, dem manches Unternehmen ein gutes Image verdankt, wenigstens sagen können, wie gute Plakate aussehen sollen. Er hat inzwischen Verständnis für die Antipub-Kampagne. „Lieber Plakate verschandeln als die Seelen der Menschen“, sagte er im Gerichtssaal, aber vor der Verhandlung. Denn der Richter wollte sich auf keine ideologisch philosophische Diskussion einlassen. Übrigens ergab eine Umfrage, dass 73 Prozent der Pariser nichts gegen die Werbung in der Métro haben. Das Urteil gegen die Bilderstürmer wird Ende April verkündet.

 

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