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Fake

In Österreicht gibt's nicht die BILD-Zeitung, sondern die "Krone". Dass wir es hier mit der Krone der Schöpfung zu tun haben, lässt sich allerdings kaum sagen. Das Blatt ist so unsäglich wie seine MacherInnen und vermutlich auch wie die LeserInnen. Der oberste Kronist ist allerdings ein gewisser "Hans Dichand" - mindestens so unsäglich wie "unser" Georg Wagner bei BILD. Nun hat Dichand auf seine Greisenjahre noch das Bloggen entdeckt. Und SchwuppdiWupp gab es einen "Doppelblogger", der unter gleichem Namen, also "Hans Dichand" quasi ein Paralellblog ("Aus österreichischer Sicht -
Gedanken zu den Ereignissen in unserem schönen Land") führte und der sich nach Klagedrohungen seitens Dichands auch gleich wieder enttarnte.

"Die Presse" (18.12. 2007) macht nun der Vergleich mit den YesMen auf. Bei allem Respekt, aber die betonen nicht so häufig, dass das alles Kunst oder Spaß sei:

"„The Yes Men“ als Vorbilder

Dichand irrte nur, als er eine „einmalige verbotene Handlung“ vermutete. Die internationalen Kommunikationsguerillas untergraben schon seit Anfang der 90er-Jahre Autoritäten aller Art: Medien, Firmen und Institutionen. Erst machen sie sich ihnen täuschend ähnlich, dann treiben sie ihre Botschaften auf die Spitze. Bis sich die ertappten Hörer und Leser Gedanken über das Original machen, dem sie bislang unreflektiert vertrauten. Berühmt wurden „The Yes Men“ aus New York. Sie fälschten die Website der Welthandelsorganisation WTO und ließen sich zu Konferenzen einladen. Dort empfahlen sie in eleganter Kleidung und ernsten Worten, die Sklaverei in Afrika wieder einzuführen: „Darum geht es beim freien Handel: um die Freiheit, alles zu kaufen und zu verkaufen – sogar Menschen“. Man hörte ihnen ehrfürchtig zu.

Verglichen damit nimmt sich Drösslers Tun harmlos aus. Er selbst definiert sich „nicht als Linken, sondern als Libertären“. Nachdem er sich selbst „abgebloggt“ hat, bleibt ihm eine Hoffnung: dass seine Aktion Kreise zieht. „Schön wäre es, wenn sich morgen ein anderer Faker zu Wort meldet, der einen Fellner oder Bronner imitiert.“

Kasten:
DER BLOGGER ALS ANARCHIST

Philipp Drössler hat den Blog von Hans Dichand ein Monat lang satirisch imitiert. Gestern stellte er sich der Öffentlichkeit.

Ein Blog oder Weblog ist ein im Internet geführtes Tagebuch, in dem der „Blogger“ seine Gedanken und Erlebnisse der Öffentlichkeit verkündet.

Kommunikationsguerilla nennt man Künstler und politische Aktivisten, die Botschaften anderer imitieren und überspitzen, um so Kritik zu üben. [Clemens Fabry]


Die YesMen schreiben jedenfalls nicht unter ihre Webseiten, dass es sich um ein "Stilmittel", nämlich Satire handele. das hindert offensichtlich in Österreich die ganze Camerilla kaum, sich maßlos aufzuregen ... und es kommt ja darauf an, die jeweilige kulturelle Grammatik verstanden zu haben ... Fake as Fake can ...

An der Uni Bremen wurden am 7. August Flugblätter verteilt, mit denen die Polizei dazu aufrief, Uni_Bremen_0807 Informationen weiterzugeben, die zur Ergreifung von Mitgliedern der militanten gruppe führen könnten. Da sich ein Teil der Berliner Zelle dadurch verriet, dass Mitglieder "über die intellektuellen Fähigkeiten" verfügten, "die anspruchsvollen Texte der militanten gruppe (mg) zu verfassen" und dass ihnen "Bibliotheken zur Verfügung standen", die sie "unauffällig nutzen konnten" trachtete die Bremer Polizei mit den Flugzetteln nach einem ähnlichen Fahndungserfolg. Mitarbeiter und Studenten der Universität wurden auf dem Zettel dazu aufgerufen, Personen, auf die die obigen Merkmale und weitere Verdachtsmomente, wie die Teilnahme an G8-Protesten, zutreffen, an die Polizei oder die Unileitung zu melden.

Erstmal ist man ja vorsichtig, wenn von denen eine Meldung kommt::

June 28, 2007
FOR IMMEDIATE RELEASE

EXXON HACKS THE YES MEN
Yes Men badly need sysadmin, server co-location

Contact: people at theyesmen.org

One day after the Yes Men made a joke announcement that ExxonMobil plans to turn billions of climate-change victims into a brand-new fuel called Vivoleum, the Yes Men’s upstream internet service provider shut down Vivoleum.com, the Yes Men’s spoof website, and cut off the Yes Men’s email service, in reaction to a complaint whose source they will not identify. The provider, Broadview Networks, also made the Yes Men remove all mention of Exxon from TheYesMen.org before they’d restore the Yes Men’s email service.

The Yes Men assume the complainant was Exxon. “Since parody is protected under US law, Exxon must think that people seeing the site will think Vivoleum’s a real Exxon product, not just a parody,” said Yes Man Mike Bonanno. “Exxon’s policies do already contribute to 150,000 climate-change related deaths each year,” added Yes Man Andy Bichlbaum. “So maybe it really is credible. What a resource!”

After receiving the complaint June 15, Broadview added a “filter” that disabled the Vivoleum.com IP address (64.115.210.59), and furthermore prevented email from being sent from the Yes Men’s primary IP address (64.115.210.58). Even after all Exxon logos were removed from both sites and a disclaimer was placed on Vivoleum.com on Tuesday, Broadview would still not remove the filter. (The disclaimer read: “Although Vivoleum is not a real ExxonMobil program, it might as well be.”)

Broadview did restore both IPs on Wednesday, after the Vivoleum.com website was completely disabled and all mention of Exxon was removed >from TheYesMen.org.
While this problem is temporarily resolved, the story is far from over. Meanwhile, though, two bigger problems loom, for which we’re asking your help:

1. THE YES MEN’S SERVER NEEDS A NEW HOME.

Broadview Networks provides internet connectivity to New York’s Thing.net and the websites and servers it hosts, including the Yes Men’s server. Thing.net has been a host for many years to numerous activist and artist websites and servers.
At the end of July, Thing.net will terminate its contract with Broadview and move its operations to Germany, where internet expression currently benefits from a friendlier legal climate than in the US, and where baseless threats by large corporations presumably have less weight with providers. At that time, the Yes Men and two other organizations with servers “co-located” at Thing.net will need a new home for those servers. Please write to us if you can offer such help or know of someone who can.

2. THE YES MEN NEED A SYSADMIN.

The Yes Men are desperately in need of a sysadmin. The position is unpaid at the moment, but it shouldn’t take much time for someone who knows Debian Linux very well. It involves monitoring the server, keeping it up-to-date, making sure email is working correctly, etc. The person could also maintain the Yes Men’s website (which will be updated next week), if she or he wants.

Thing.net also needs a sysadmin: someone living in New York who knows Linux well. The Thing.net position involves some money and the rewards of working for an organization that has consistently and at great personal risk supported groups like the Yes Men over the years.

THE YES MEN AND THING.NET THANK YOU!


Kommentare dazu finden sich bei sum1 und rebelart

wird ausführlich auf rebel:art (15.06.2007) beschrieben.

"Sie haben es wieder geschafft: Die Yes Men haben sich erneut erfolgreich in eine internationale Konferenz geschmuggelt und sich als falsche Repräsentaten ausgegeben. Diesmal wurde Yes Men-Andy Bichlbaum zu Shepard Wolff, einem Sprecher des Ölkonzerns Exxon. “Wolff kündigte an, dass die USA den Anteil von Rohöl, den man aus den Ölsandfeldern in Kanada bezieht, in den nächsten Jahren um das Fünffache steigern wolle. Bislang galt das als unmöglich. Aber man habe eine Rettungsmöglichkeit für das “worst case scenario” gefunden, durch welche sicher gestellt sei, dass das Öl weiter fließe: die Umwandlung von Milliarden von Menschen, die sterben, in Öl. Ein Mann, der sich als Florian Osenberg und Mitarbeiter von Exxon vorstellte, erklärte sodann, wie diese Technologie, welche menschliches Fleisch in ein neues Exxon-Produkt, genannt Vivoleum, umwandelt, aussehen wird.” (1) Das offizielle Dementi lief sofort über die Newsticker: “The Gas and Oil Exposition (GO-EXPO) 2007 has verified that today’s Keynote Luncheon speakers were impersonating representatives from Exxon Mobil and National Petroleum Council. dmg world media has confirmed with both organizations that the “environmental and corporate ethics activists” were not representatives of their respected organizations.” (2)"

Bei rebel:art gibt's auch Bilder und Hinweise auf weitere Quellen.

Ätsch,
spiegel online war zu langsam, die Atombombe im tschechischen Fernsehen war schneller:
http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,489442,00.html
und gestern war es auf
http://www.tschechien-online.org/news/8913-kunst-kriminell-atombomben-performance-tschechien/
sehr schön zu sehen:

Ztohoven hat sich ins TV gehackt und einen Atompilz in die erholsame Landschaft gezaubert.

Auch auf myspace:
http://myspace.com/ztohoven
Leider kann ich kein tschechisch. Wer hackt denn mal die "Sendungen" im öffentlichen Nahverkehr?

"Jonny Weckerle", so stellt sich die Jungle World offensichtlich vor, dass gefakt wird. Es ist wie immer in dieser Zeitung: Von nichts eine Ahnung aber davon ziemlich viel. Hinsichtlich der Spekulation um die Urheberschaft des "Bekennerschreibens" zur Mopo-"Autonome packen aus"-Fake-Story, heizt der folgende Artikel (22.5.2007) das Verwirrspielt nur weiter an. Weil die Verfasserin offenbar herausbekommen will, wie es wirklich gewesen ist, macht er sich dümmer als etwa der SPIEGEL-Artikel oder die taz:

"Autonome packen aus
in die presse

Die Hamburger Morgenpost war sich am Mittwoch voriger Woche sicher, einen großen Coup gelandet zu haben: »Autonome packen aus«, war in großen Lettern auf der Titelseite zu lesen. Angekündigt wurde ein »Exklusiv-Interview« mit »Ina (44) und Thomas (53)«, angeblich Beteiligte an der militanten Kampagne gegen das Mövenpick-Hotel im Sternschanzen-Park.

Die Bezeichnung als »Terroristen« oder »Kriminelle« lehnen Ina und Thomas in dem Interview entschieden ab: »Nennen Sie das, was wir tun, Notwehr.« Ihr Motiv für die Kampagne: »Ein öffentlicher Raum wurde von willfährigen Politikern einem Investor übergeben, damit der damit spekulieren kann. Die letzte Grünfläche im Viertel wurde den Bewohnern geraubt.« Die beiden Autonomen inszenieren sich nicht als ideologisch verhärtete Stadtguerilleros, sondern werben bürgernah um das Verständnis der Mopo-Leserschaft: »Wir haben doch nicht mit militanten Aktionen angefangen«, erklärten sie. Der Protest sei »von Anfang an kriminalisiert« worden: »Sie haben uns in die Ecke gedrängt, in der sie uns haben wollten.« Ein bisschen klingen sie wie Kommunalpolitiker, wenn sie Begriffe benutzen wie »Steuergelder«, »sozialverträglich« und »Naherholungsfläche«. Und auch menschlich zeigen sich die Militanten. Als werktätige Eltern seien sie einer Mehrfachbelastung ausgesetzt, denn »morgens nach einer Aktion müssen die Kinder genauso Frühstück bekommen wie sonst auch«.

Die Freude der Mopo über die Enthüllungsstory wurde jedoch bald getrübt, denn ein »Kommunikationsguerilla-Kommando ›Mövenpick-Protest goes G 8‹« verkündete auf Indymedia den Erfolg einer »lange geplanten Aktion«. Man habe der Mopo »abenteuerliche«, aber frei erfundene Geschichten untergeschoben und so die »Mopo-Titelseite gekapert«. Worin neben ein wenig Schadenfreude Sinn und Erfolg dieser Aktion liegen sollte, wird aus der wirren Erklärung allerdings nicht deutlich. Sie liest sich ähnlich unglaubwürdig wie das Interview, und so lässt sich wohl nur spekulieren, was hier echt und was inszeniert ist.

Zweifellos echt ist jedenfalls die gegenwärtige Terror-Hysterie, die Politiker, Medien und offenbar auch Autonome eifrig für ihre Public Relation nutzen.

jonny weckerle "


vice versa Jungle World ....

UPDATE (31.5. 2007): Den ganzen Artikel als pdf-File

Rebel:art (24.5. 2007) hat uns ein wenig Abtipp-Arbeit abgenommen und den SPIEGEL-Artikel zu den laufenden Diskussionen über Aktionsformen, den Mopo-fake und die Bedeutung der Kommunikationsguerilla zitiert:

"Philipp Oehmke entdeckt und lobt in seinem Artikel “Vermummung ist retro” (SPIEGEL, 21/5/07) die Kommunikationsguerilla, berichtet über die linke Subkultur und die neuen Widerstandsformen der “Postautonomen”. Erwähnt wird auch der Mopo-Fake des “Kommunikationsguerillakommandos Mövenpick-Protest goes G8″. Einige lesenswerte Ausschnitte:"

“Seit den politischen Aufbrüchen der sechziger Jahre beschreibt sich jugendlicher Protest in der Differenz zum Staat. Die Inhalte mögen inzwischen verschwommen sein, geblieben sind die Zeichen und Symbole des Widerstands, sie gehören zu unserem kollektiven Bildergedächtnis: die nackt von hinten fotografierten Bewohner der Kommune 1 in den Sechzigern, der mit einem schwarzen Motorradhelm bewehrte Joschka Fischer im Frankfurter Häuserkampf in den Siebzigern, die martialisch vermummten Autonomen auf den Dächern der Hafenstraße in den Achtzigern. Bloß für die Neunziger findet sich zunächst kein Bild, bis es, ganz am Ende der Dekade, zu jenen Eruptionen in Seattle kam, die dem “Kampf gegen die Globalisierung” Gestalt gaben.

Die linke Subkultur schien in dem Jahrzehnt nach der Wiedervereinigung und dem Wegfall “des besseren Deutschlands” nach einer politischen Heimat zu suchen, und die Welterklärer sprachen vom “Ende der Geschichte”. Die Figur des Barrikadenkämpfers - man sah sie kaum noch. Die Akteure aus den siebziger und achtziger Jahren waren immer älter geworden, und mit Techno gab es nun eine neue, eine hedonistische Jugendbewegung, die sich eher über Zustimmung als Ablehnung definierte. In Zeiten der Love Parade langweilte die alte “Latsch-Demo” den ohnehin spärlichen linken Nachwuchs, und dieser schnappte die Echos auf: “Wenn ich nicht tanzen kann, ist das nicht meine Revolution.”

Doch dann, aus dem Nichts, 1999, tauchte doch noch ein Bild auf, das aus Seattle, wo der plötzlich wütende Jugendprotest gegen eine WTO-Konferenz zu bürgerkriegsartigen Zuständen geführt hatte. Die linke Protestkultur hatte sich zurückgemeldet - und sie hatte sich verändert in den Jahren der Versenkung, sie war modern geworden und technikaffin und hatte eine neue Ästhetik gefunden: Sicher, immer noch gab es den Block Schwarzvermummter, doch daneben sah man eine “Clown Army” oder “Radical Cheerleaders” in absurden bunten Kostümen. (…)

Wichtig ist der Zaun als “Metapher” - und als solche soll er nun angegriffen werden. Was das bedeuten soll, erklärt ein paar Tage später Henning Obens, 27, verantwortlich für “Move against G8“, ein Zusammenschluss von Kulturaktivisten. Er sagt, moderner Widerstand müsse nicht unbedingt mehr die Macht selbst angreifen, sondern ihre Symbole. Die Stichworte dafür entlehnt Obens der strukturalistischen Semantik. So hatte der Semiotiker Roland Barthes schon 1971 in seinem Essaybuch “Sade. Fourier. Loyola” gefragt: “Ist die beste Subversion nicht die, Codes zu entstellen, statt sie zu zerstören?” Und sein Kollege Umberto Eco trat schon 1967 in einem Vortrag “für eine semiologische Guerilla” ein und rief damit zum Kampf um die Deutung von Bildern auf. Für Heiligendamm hat dieser Kampf jetzt schon begonnen. (…)

“Viel Randale-Ästhetik” werde man in Heiligendamm nicht zu sehen bekommen, sagt er, auch wenn das Bundesinnenministerium und die Bundesanwaltschaft gerade den gegenteiligen Eindruck zu erwecken versuchen. Sein Kollege Christoph Kleine, Sprecher von “Block G8″ und sebst Postautonomer, sagt sogar: “Vermummung ist retro.” (…) Widerstand, so sagen sie, muss heute in einem Spiel aus Zeichen, Klischees und Zitaten stattfinden - dieses Spiel hat die “Autonome a.f.r.i.k.a Gruppe” zu großer Meisterschaft gebracht. In ihrem “Handbuch der Kommunikationsguerilla” propagiert sie neue Widerstandsformen, weil sie, wie es im Vorwort heißt, “die Nase voll” hat “von der Ausschließlichkeit furztrockenen Flugblattschreibens”.

Als beispielhaft für ihr Vorgehen muss dabei eine Aktion von vergangenen Mittwoch gelten, als es nach eigenen Angaben dem Kommunikationsguerilla-Kommando “Mövenpick-Protest Goes G8″ in einer “lang geplanten Aktion” gelang, dem Boulevardblatt “Hamburger Morgenpost” zwei angeblich militante Autonome für ein Exklusivinterview zu vermitteln. Die vermeintlichen Autonomen kamen in einer an Imkerkleidung erinnernden Aufmachung zum Interviewtreffpunkt im Gebüsch und gaben Antworten wie diese: “Die Aktionen zu planen ist richtig Arbeit. Wir müssen uns zum Beispiel um Kinderbetreuung kümmern. Morgens nach einer Aktion müssen die Kinder genauso Frühstück bekommen wie auch sonst.” Die “Hamburger Morgenpost” kündigte das Interview (”Autonome packen aus”) auf der Titelseite an. Unklar bleibt, ob die Kommunikationsguerilla die Zeitung wirklich hereingelegt hat oder dies nur im Nachhinein reklamiert - in beiden Fällen wäre ihr jedoch ein kluger Kommentar zu der momentanen Militanten-Hysterie gelungen.

Politische Bedeutung dürfe nicht mehr bloß “am Gestus der Ernsthaftigkeit” gemessen werden, findet die Autonome a.f.r.i.k.a Gruppe, und so entstehen Nonsens-Slogans und Dada-Sprüche: “Voll doof alles”, “Falsch muss kaputt” oder “Gewalt ist auch Gewalt” sind Slogans, die die inhaltlichen Verkrustungen der bleiernen Zeit der achtziger und neunziger Jahre abschütteln sollen. ist man schon so weit gegangen, bleiben auch die Symbole der einst als kapitalistisch verachteten amerikanischen Populärkultur nich mehr sicher: Verkleidet als Superhelden, versehen mit Namen wie “Spider Mum” oder “Superflex”, überfiel vergangenes Jahr eine Gruppe von neuen Linksradikalen einen Luxus-Supermarkt in Hamburg. Die Superhelden schleppten Champagnerflaschen und Hirschkeulen aus dem Geschäft, die sie anschließend unter Putzfrauen und Euro-Jobbern verteilten. (…)"

ion In der heutigen taz-nord (18.5.2007) wird über die Kommandokaktion des "Kommunikationsguerillakommandos Mövenpick-Protest goes G 8" berichtet:

"Mopo"-Titel unter Kaper-Verdacht
Spaßguerilla-Kommando übernimmt Verantwortung für ein Interview mit angeblichen Schanzen-Autonomen

Es klang wie der ganz große Coup. "Exklusiv-Interview: Autonome packen aus", titelte die Hamburger Morgenpost in ihrer Mittwochsausgabe. Erstmals sei es gelungen, den militanten Widerstand gegen das Mövenpick-Hotel im Schanzenpark zu einem Interview zu bewegen - jenen Widerstand, nach dem Hamburgs Staatsschutz bislang vergeblich fahnde. Das Foto zeigte neben dem Mopo-Reporter zwei dick und auffallend gleichartig vermummte Gestalten, die angeblich seit 20 Jahren mit Familie im Schanzenviertel leben und sich nach ihren "Aktionen" darum kümmern, dass "die Kinder genauso Frühstück bekommen wie sonst auch".

Die Freude über den Coup könnte der Mopo-Redaktion bald vergangen sein: Noch am selben Tag erklärte ein "Kommunikationsguerillakommando Mövenpick-Protest goes G 8" auf der Website "Indymedia.org", die Mopo "gekapert" zu haben. Es sei "so rührend wie erstaunlich", dass die Zeitung auf die Aktion reingefallen sei. "Wo doch jeder weiß, dass Autonome von Hartz IV leben und Kindern kein Frühstück machen, sondern sie vielmehr jeden Morgen gleich kiloweise verputzen", wie die Verfasser ironisch anmerken.

Was nun stimmt, ist freilich offen: Theoretisch wäre es immerhin möglich, dass die Kommunikationsguerilla lügt und die Leute, mit denen der Mopo-Reporter gesprochen hat, tatsächlich die waren, als die sie sich ausgaben. "Vielleicht ist ja was dran an den abenteuerlichen Geschichten über zündelnde Sozialarbeiterinnen und treusorgende autonome Kleinfamilienväter", spottet die angebliche Guerilla auf Indymedia.

Das wäre wirklich tricky: Sich selbst der Lüge bezichtigen, um unter diesem Deckmantel die Wahrheit zu sagen. WIE

taz Nord vom 18.5.2007, S. 24, 58 Z. (TAZ-Bericht)


Wenn wir der im "Handbuch der Kommunikationsguerilla" (S. 65-79) formulierten Fake-Theorie bzw. Faketypologie (S. 73) folgen, dann dürfte hier ein nettes "Kommunikatives Chaos" entstanden sein. Denn in der autonomen Szene selbst herrscht nicht minder Verwirrung darüber, ob oder ob nicht. Immerhin stehen hier die eigene symbolische Repräsentation zur Disposition. Das zeigt die Debatte auf den entsprechenden Indymedia-Seiten anlässlich der Kommando-Erklärung.




Darüber hinaus finden sich auf der Diskussionsseite zu der Kommandoerklärung bereits Versuche, die Ikonographie der bildlichen Inszenierung der beiden Hamburger Mopo-Vorzeigeautonomen zu analysieren. Während hier sozusagen als Nebelkerze die Polizei als Urheberin unter Bezug auf Guantanomo verdächtigt wird, zeigt sich immer mehr, in welche bravouröser Weise das Kommando die Aktion vorbereitet hat:



Die Autonomen sind offensichtlich in der Gegenwart angekommen und kämpfen nunmehr auch ikonographisch auf der Höhe der Zeit. Sie verfügen über einen reichen Bildzitatschatz, der unterstreicht, dass nur noch die Dümmsten glauben, die Auseinandersetzung müsse auf der Straße gewonnen werden. Nein, mit dieser Aktion ist zugleich eine historische Zäsur verbunden. Die Abkehr vom militärischen Selbstmissverständnis wird noch größere Folgen zeitigen, als dass den Bullen und dem Staatsschutz lieb sein wird. Insofern muss man künftig die Gewaltbereitschaft der Polizei genau beobachten und nicht in jede Falle laufen.

Gerade auf Indymedia gefunden:

Am heutigen Mittwoch, den 16.5.2007 ist dem Kommunikationsguerilla-Kommando "Mövenpick-Protest goes G8" ein grandioser Coups in der Hamburger Morgenpost gelungen!
mopo
So konnte in einer lange geplanten Aktion der Mopo glaubhaft versichert werden, sie hätte als erste Zeitung ein Exklusiv-Interview mit "militanten Autonomen" geführt, die für eine Serie von Anschlägen gegen Personen und Firmen verantwortlich sind, die im Zusammenhang mit dem Bau des Mövenpick-Hotels im Hamburger Schanzenpark stehen.

Dass die Mopo den interviewten Guerilleros "Ina" und "Thomas" dabei ihre Selbstdarstellung als alteingesessene (Ina:44, Thomas:53) Schanzenbewohner mit Kindern und bürgerlichem Beruf (Sozialpädagogin, Technischer Zeichner) abnahm, ist so rührend wie erstaunlich.

Wo doch jeder weiß, dass Autonome von Hartz IV leben und Kindern kein Frühstück machen, sondern sie vielmehr jeden Morgen in der Roten Flora gleich kiloweise verputzen, bevor die alltägliche Bastelei von Brandsätzen beginnt, die dann spätabends unter den Autos gescheiterter Bürgermeisterkandidaten gezündet werden.

Schlummert da eventuell im Mopo-Reporter selbst eine kleine Wunschvorstellung, aus dem monotonen Redaktionsalltag auszubrechen und stattdessen ein heimliches Doppelleben als militanter Autonomer zu führen?

Somit müssen wir hiermit leider zugeben, dass es weiterhin keinerlei Hinweise auf die tatsächlichen Urheber der Anschläge gegen Wasserturm-Hotel- wie auch G8-Funktionäre gibt.

Vielleicht ist ja was dran an den abenteuerlichen Geschichten über zündelnde Sozialarbeiterinnen und treusorgende autonome Kleinfamilienväter. die gesellschaftlichen Verhältnisse sind schließlich voller Widersprüche, gute Storys und gutgläubige Journalisten.

In diesem Sinne

Kein Hotel im Wasserturm! G8 versenken!

Kommunikationsguerillakommando "Mövenpick-Protest goes G8"

BILDDie Süddeutsche Zeitung berichtete am 20.2.2007 über eine Münchner Fake-Aktion gegen die lokalen BILD-Zeitungskästen und spricht von einer "Rätselhafte(n) Plakataktion". Unter der Überschrift "Exkremisten gegen "Bild"?" heißt es: "Unbekannte haben in München die Bild-Zeitungskästen mit absurden Titeln überklebt. Und kaum einer hat´s gemerkt."

"Auf den ersten Blick konnte man die Fälschung kaum enttarnen - vielleicht deshalb, weil der Inhalt an Absurdität kaum zu überbieten ist: "´Leser` wehrt euch! 23 Exkremisten dönern deutsche Buben zu Tode".
Diese vermeintliche Bild-Schlagzeile war am gestrigen Montag an zahlreichen Zeitungskästen in München zu lesen. Wer sich den Scherz erlaubt hat? Die Initiatoren hatten eine Internet-Seite angegeben, auf der am Montag noch die Idee erklärt wurde. Auf einer zweiten Seite sollten PDF-Vorlagen zur Verfügung stehen, die jedoch nicht geöffnet werden konnten."


Die WWW-Seite http://freenet-homepage.de/bilddirdeinezeitung/ ist inzwischen nicht mehr erreichbar.

"Auf der Seite hieß es über Bild: "Dass Stil und Inhalt ethisch und moralisch absolut untragbar sind, wird mittlerweile von Menschen mit zweistelligem IQ kaum noch bestritten." Und weiter: Während bisherige Proteste gegen das Blatt sich eher destruktiv artikuliert hätten, eröffneten sich dank der modernen Technik neue Möglichkeiten. Die Initiatoren malten die Utopie aus, man könnte die Bildschlagzeilen mit Photoshop verändern und an Zeitungskästen anbringen, so dass es dann vielleicht eine Diskussion über die Inhalte geben könnte - ohne dass jemand merkt, dass diese verfälscht seien."

Hier wird propagiert was Naomi Klein in ihrem Bestseller "No Global" popularisiert hat und natürlich die technische Voraussetzung für mehr Fakes darstellt. Aber wie wenig die Süddeutsche Zeitung auch nur ein bisschen Ahnung hat zeigen die folgenden Absätze unter der Zwischenüberschrift "Springer-Verlag schreitet ein":

Der Springer-Verlag wertet dies als Aufruf zur Sachbeschädigung. Sprecher Tobias Fröhlich kündigt "rechtliche Mittel gegen die Verursacher und die möglichen Trittbrettfahrer" an.

Wer hinter der Aktion steckt, ist völlig unklar. Selbst die Macher von bildblog.de, einer Webseite, die sich kritisch mit den Inhalten der Bild-Zeitung auseinandersetzt, zeigten sich am Dienstag überrascht.


Was soll denn hier das "Selbst"? Das ist doch eine ganz andere Baustelle. Das linksliberale BILD-Blog teilt mit den MacherInnen allenfalls die moralische Empörung. Während die Blogger auf klassische Aufklärung setzen und dabei allenfalls die Ressentiments derjenigen beflügelt, die nicht zum Pöbel oder Abschaum gehören wollen (wobei die Aktion BILD-Chefredakteur Diekmann massenhaft fotografieren zu lassen ein positiver Ausreißer war) - letztlich ist das Aufklärung für Eingeweihte, wogegen nichts spricht, wenn man sich davon nicht mehr verspricht. Aber offensichtlich ist auch bei unseren Münchner FakerInnen die Aktion besser als ihre Begründung.

Der Rest des Berichts geht über die Abschaltung der Freenet-Webseite der Aktion. Die Wahl eines solchen Ortes für die 'Webseite riecht irgendwie nach Schüler-Aktion. Egal. Forza!

 

twoday.net AGB

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