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Die kritische Forschung und Diskussion zu heutigen Jugendkulturen feiert in diesen Wochen ein Doppeljubiläum. Zum einen wird das Archiv der Jugendkulturen in der Fidicinstrasse im Berliner Stadtteil Kreuzberg 10 Jahre alt. Zum zweiten wird Klaus Farin, und „alt“ wäre hier der falsche Ausdruck, 50 Jahre Jahre jung. Gratulation!!
Farin forscht und publiziert seit Jahrzehnten unermüdlich zu Jugendkulturen und hatte einen unermesslichen Schatz an Dokumenten aus den verschiedensten Jugendkulturen zusammengetragen. Flyer von Musikgruppen, Fanzines aus den unermesslichen Weiten des Fandoms, von Skatern, Hooligans, Gothics, RapperInnen oder Heavy-Metal-Fans. Die politischeren Jugendkulturen wie Autonome und, ja auch die zählt er dazu, Skins, sind für Farin von Interesse. Farin entschließt sich zusammen mit anderen, ein öffentlich zugängliches Archiv zu gründen. 1998 wird es eröffnet. Heute umfasst es 700 Quadratmeter Fläche, auf der 6000 Bücher und Broschüren, 28.000 Hefte unzähliger Zeitschriften und Fanzines sowie über 300 akademische Arbeiten und mehr als 4000 Musikmedien und Filme zu finden sind.
Das Archiv der Jugendkulturen bietet auch Jugendarbeit direkt vor Ort an, Fortbildungen für LehrerInnen und andere und es arbeitet wissenschaftlich. Zum einen sind im hauseigenen Verlag mittlerweile über 40 Bücher erschienen. Leider nur unregelmäßig erscheint das Journal der Jugendkulturen, sozusagen die Hauszeitschrift des Archiv, von der bislang zwölf Ausgaben vorliegen. Archiv und Journal leben von der Arbeit von Ehrenamtlichen, ohne sie wäre der mittlerweile rund um das Archiv herum entstandene Projekteverbund undenkbar, die Bibliothek wird professionell betreut.
In seinem neuen Buch hat Farin Kommentare und Artikel zusammengestellt, die einen Einblick in die Vielfalt der Jugendkulturen geben, und vor allem seine Sichtweise verdeutlichen. Ihm und seinen engagierten MitstreiterInnen geht es darum, die Defizite der Jugendkulturforschung zu überwinden, und sich dafür stark zu machen, dass Jugendliche nicht nur, wie sonst medial üblich, im Zusammenhang mit Drogen, Schulversagen und Gewalt genannt werden, oder es nur um die Probleme geht, die Jugendliche machen, sondern dass man sich fair den Problemen nähert, die Jugendliche haben. Farin macht deutlich, worum es den Jugendlichen in ihren vielen, sehr unterschiedlichen und ausdifferenzierten Szenen einer kommerzialisierten Jugendkultur geht: Vor allem um Kreativität, Spaß und Respekt. Die ersten beiden Phänomene seien im deutschen Ausbildungssystem nicht vorgesehen, oder, wie das dritte nur in Einbahnstrassenmanier von Jugendlichen zu Erwachsenen, nicht umgekehrt. So sei es nur konsequent, wenn Jugendliche sich in zeitlich begrenzten Sinn-Gemeinschaften, denn nichts anderes sind Jugendkulturen, zusammenschließen. Farin zeigt die Unterschiede zwischen den Szenen und er schildert, unter welchen sehr klaren Bedingungen sich Jugendliche heute sozial und politisch engagieren: Es darf keine Hierarchien geben, es muss Spaß machen und es muss realistische Ziele und Action statt Schulung geben.
Wer pointiert etwas über heutige Jugendliche erfahren will, dem sei dieses Bändchen und der Besuch des Internetangebotes des Archiv der Jugendkulturen wärmstens empfohlen.

Archiv und Journal der Jugendkulturen, www.jugendkulturen.de, Tel.: 030/694 29 34.

Klaus Farin: Über die Jugend und andere Krankheiten, Essays und Reden 1994 bis 2008, Berlin 2008, 126 S., 12 EUR

Bernd Hüttner

Quelle: Manuskript für Tageszeitung "Neues Deutschland"
 

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