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Auf Indymedia (zu Ergänzungen scrollen: "Zum TP-Artikel -rf 13.12.2004 20:28" gibt es unter Bezug auf einen wohl zu reißerischen Telepolis-Artikel (vom 29.11. 2004) sowie hinsichtlich der Thematik des FAZ-Artikel vom 11.12.2004 interessante Hintergrundinformationen zum Wirken des Heiligen Prekarius in Italien:

"Zu den Aktionen in Supermärkten: Seit anderthalb Jahren kommt es immer wieder zu Aktionen in Supermärkten, wobei nur ein Teil tatsächlich unter dem Label "Disobbedienti" lief. Kürzlich wurden beispielsweise Menschen aus Mailand wegen einer Aktion mit Selbstaneignung angezeigt, die sich ausdrücklich verbitten, mit dem Stempel Disobbedienti versehen zu werden. Die meisten Aktionen in der Vergangenheit liefen allerdings anders ab als im besagten Artikel dargestellt. Gruppen von Aktivisten betraten Supermärkte, füllten die Einkaufswägen und machten dann in den meisten Fällen lediglich Kommunikationsguerilla an der Kasse. Manchmal wurde dabei ein Transparent entrollt, manchmal wurden Spuckis oder Flyer verteilt, in denen die Verschlechterung der Lebensbedingungen und die Geldknappheit durch prekäre Arbeitsverhältnisse und um sich greifende Entlassungswellen thematisiert wurden. Es wurde keineswegs geplündert, sondern diskutiert und verhandelt. An der Kasse, mit den Kassiererinnen, in der Warteschlage mit den Kunden und am Ende mit den Filialleitern, weil das Ziel der Aktionen zumeist war, auf dem Verhandlungsweg zehn bis fünfzehn Prozent „Sozialrabatt“ auf den Einkauf durchzusetzen. Mehrfach wurde der Rabatt auch gewährt. Mehrfach schlossen sich gewöhnliche Kunden an.

Parallel zu politischen Mobilisierungen zu sozialen Fragen wurden dann einige Blockaden von Supermärkten organisiert, auch hier mit dem primären Ziel der Kommunikation auf der Straße über soziale und politische Missstände. Die Sache ist als eine direkte Antwort auf die Frage zustande gekommen, wie denn in dieser Epoche sozialer Widerstand und Protest organisiert werden können, erst recht angesichts des Verschwindens der herkömmlichen Arbeiterklasse durch dem Vormarsch der Globalisierung und besonders der immateriellen Arbeit und der Flexibilisierung bis zur Entmenschlichung. (...)
Es ist jedenfalls wichtig festzuhalten, dass die ganze Sache keineswegs eine reine Disobbedienti-Geschichte ist. Diese waren sicher sowohl auf der Ebene der Analyse als auch in der Praxis auch dabei, aber es gibt Aktivisten, die im besagten Prozess eine sehr wichtige Rolle gespielt haben, die man mit der Bezeichnung Disobbedienti wirklich nur verärgert, vor allem die Erfinder von San Precario, dem heiligen Schutzpatron der prekären Arbeiter. Ihr Recht, mitsamt der ins Leben gerufenen Initiativen nicht immer zu Disobbedienti gemacht zu werden, sollte respektiert werden. Besonders zu erwähnen im Bereich der Massenmobilisierungen gehören auf dieser Ebene die mittlerweile vierte Ausgabe der Mayday vom vergangenen 1. 5. und die Demonstration gegen das Präkariat vom vergangenen 6. November.

In Mailand beteiligten sich am 1. Mai 2004 über 100.000 Menschen an diese noch relativ neue Form des Protestes und der Mobilisierung. Der kreative und kommunikative Faktor standen im Vordergrund, statt der „Festa dei lavoratori“ wurde eine gigantische „Festa degli invisibili“ (Fest der Unsichtbaren) gefeiert. In Deutschland heißt der 1. Mai Tag der Arbeit, in Italien heißt er hingegen Tag der Arbeiter. Die wachsende soziale Schicht der „Unsichtbaren“, die in prekären Verhältnissen in ständiger wirtschaftlicher Unsicherheit leben, hat eindeutig begonnen, sich auf breiter Basis als ein neues soziales Subjekt wahrzunehmen und zu artikulieren, das auf seine Probleme Bezug nimmt und entsprechend Forderungen entwickelt und auch Alternativen. Es ist jedenfalls alles andere als unerheblich, dass 100.000, die tanzend durch die Straßen ziehen, den immer noch mehrere Millionen Mitglieder starken Gewerkschaften und ihren längst hohl und träge gewordenen Veranstaltungen inhaltlich wie Zahlenmäßig ernsthaft Konkurrenz machen, und das auch noch tanzend.

Der soziale Erfolg der letzten Mayday Parade war jedenfalls schlicht überwältigend, und wenn´ s auch eigentlich nur eine Party war. Parallel zur Parade, die tanzend durch die Straßen Mailands zog und international besucht und angelegt war, wurden u.a. die Eingänge von mehreren Discountketten blockiert, wieder mit dem Ziel, mit den „Verbrauchern“, von denen viele das gleiche Elend erleben, zu kommunizieren und um das Unwesen der globalisierten Marktwirtschaft und der Flexibilisierung der Arbeit am leibhaftigen Beispiel anzuprangern und zum Thema zu machen. San Precario begann daraufhin überall im Land zu erscheinen. Wenn der Ungehorsam eine gute Intuition war (Zitat Casarini via Neuber), dann ist San Precario aber auch eine gesegnete Idee gewesen, die schwer geholfen hat, das Thema in die Gesellschaft hineinzutragen, was angesichts der informationellen Gleichschaltung im Lande überhaupt nicht einfach ist. "
 

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