0 Kollektives BLOG Mitmachen
a.f.r.i.k.a.-texte
Aktionsvorschlaege
Angewandter Realismus
Anstrengungen zum Begriff
Billboard Liberation
Biographisches
BlogchronikReview
Camouflage
ConsumeYourMasters
Culture Jamming
Cut up Collage Techniken der KG
Faelschungen und Camouflagen
Fake
Gegenoeffentlichkeit
Graffiti
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
icon

 
Anlässlich der Tortung des Wiener Uni-Rektors gab es einen bezeichnenden Schlagabtausch im österreichischen Parlament:

Stenographisches Protokoll
46. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
XXII. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 29. Jänner 2004
Dauer der Sitzung
Donnerstag, 29. Jänner 2004: 9.00 – 22.28 Uhr
*****

Dringliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Eskalation der Gewalt und der Sprache im Zuge von Studentenprotesten der Linken (1376/J)

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­te Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin eigentlich sehr froh darüber, dass meine Kolleginnen Dr. Brinek und Dr. Bleckmann heute diese Dringliche Anfrage eingebracht haben, und das ganz einfach deshalb, weil Aktionen, wie sie an der Universität Wien stattgefunden haben, tatsächlich einer Debatte hier im Hohen Haus bedürfen und es auch notwendig ist, darüber sehr offen zu reden, denn das Universitätsgesetz 2002 ist ein gutes Gesetz, ist ein Gesetz, das auch der Ver­fassungsgerichtshof für ein gutes Gesetz hält. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.

Es ist eigentlich schon befremdlich, wenn die Österreichische Hochschülerschaft Wien, also eine öffentlich-rechtliche Körperschaft – eine öffentlich-rechtliche Körperschaft! –, dieses Gesetz auf ihrer eigenen Homepage ablehnt, nämlich ablehnt in folgender Art und Weise – ich möchte das ganz gerne zitieren –:

„Nein zum Organisationsplan!

Hintergrundinfos:

Die HörerInnenversammlung vom 21.1.2004 gratuliert den AktivistInnen zu ihrer Störungsaktion gegen Sektionschef Höllinger und Rektor Winckler bei der Uni-Veran­staltung am 20.1.2004.“

Dann wird es noch besser:

„Ebenso lehnen wir jede Distanzierung von der Tortenaktion gegen Höllinger und Winckler ab.“

Weit sind wir gekommen, meine Damen und Herren, wenn die öffentlich-rechtliche Kör­perschaft ÖH Wien gewalttätige Aktionen, die nach dem Strafgesetzbuch zu ahnden sind, auch noch rechtfertigt und verteidigt! (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heit­lichen. – Abg. Mag. Molterer: Die ist doch rot-grün, die ÖH, oder?)

Bei jedem Verständnis für eine engagierte Interessenvertretung, meine Damen und Herren, ich muss schon sagen, es wird dann ganz lustig, wenn auch Vertreter dieses Hauses diese Aktionen verteidigen (Abg. Dr. Trinkl: Was? Nein!?), und wenn das dann noch der Wissenschaftssprecher der Grünen ist, dann wird es besonders interessant, ich darf sagen, sogar pikant.

ch darf zitieren, Herr Professor Grünewald:

„Distanzierungsaufforderung von Gehrer skandalös

Grünewald: ÖVP sinkt wieder einmal auf tiefes politisches Niveau

Es ist höchst skandalös,“ – sagen Sie, Herr Dr. Grünewald – „wenn Ministerin Gehrer die Grünen auffordert, sich vom gestrigen Tortenwurf und der Ohrfeige zu distan­zie­ren.“

Herr Professor, wissen Sie, was skandalös ist? – Dass Sie aufgefordert werden müs­sen und es bis heute nicht getan haben. Das ist der eigentliche Skandal! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Brosz: Haben Sie sich distanziert davon? – Abg. Dr. Grünewald: Distanzieren Sie sich einmal!)

Sagen Sie bitte nicht, Sie hätten mit diesen ganzen Aktionen nichts zu tun! Sie prä­sentieren sich hier ja ganz gerne als die Partei des Dialogs und der Offenheit, als die Vertreter der offenen Gesellschaft, der Demokratie, der Basisdemokratie und Ähnliches mehr, und Ihre Vorfeldorganisation, nämlich die grünen Studenten, sagt, es sei genug der Distanzierungen – es hat im Übrigen noch gar keine gegeben –, und bezeichnet diese Aktion – eine Aktion, die nach dem Strafgesetzbuch eindeutig zu ahnden ist, teil­weise mit Offizialdelikt zu ahnden ist, also von der Staatsanwaltschaft von sich aus zu verfolgen ist – als eine „kreative und gewaltfreie Form des Protests“. – So viel zu den grünen Studentenvertreterinnen und Studentenvertretern.

Meine Damen und Herren! Es ist sehr bedenklich, wenn eine öffentlich-rechtliche Kör­perschaft, wie die ÖH der Universität Wien eine ist, von einer „harmlosen Tortung“ spricht. Ich darf Ihnen sagen, dass es hier eine Reihe von Delikten gibt, die nach dem Strafgesetzbuch zu ahnden sind. § 83, vorsätzliche Körperverletzung, § 88 – damit kämen Sie noch relativ gut weg, weil es sich hiebei nur um fahrlässige Körper­ver­letzung handelt –, jedenfalls aber ist es eine strafbare Handlung gegen die Ehre, also eine Beleidigung, die mit einem Freiheitsentzug von zwei bis zu drei Monaten zu ahn­den ist, meine Damen und Herren! – So schauen die Aktionen aus, die Sie von den Grünen rechtfertigen und verteidigen! Das lehnen wir ab, und zwar in aller Deutlichkeit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich bin eigentlich sehr froh darüber, dass sich der Wissenschaftssprecher der SPÖ, Herr Abgeordneter Broukal, hier in aller Klarheit und in aller Deutlichkeit von den Vor­gängen distanziert und davon gesprochen hat, dass das ein unverteidigbarer per­sönlicher Angriff ist, der abzulehnen ist. Das ist eine klare Distanzierung, meine Damen und Herren, die wir auch begrüßen. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Frei­heit­lichen.)

Vielleicht sollte aber der Wissenschaftssprecher der SPÖ ein bisschen auf den Bil­dungssprecher der SPÖ einwirken, denn Dr. Niederwieser ruft zum zivilen Unge­hor­sam auf, was vielleicht nicht ganz so gut getroffen ist.

Ich würde meinen, zumal diese Aktion ja bei einer Veranstaltung der Zukunftswerkstatt der SPÖ stattgefunden hat, dass man da vielleicht eine Sprachregelung findet, damit endlich einmal klar ist, dass wir alle miteinander gewalttätige Aktionen nicht als Mittel des Dialogs sehen. Gesetze werden hier gemacht, und gerade öffentlich-rechtliche Kör­perschaften haben sich an diese Gesetze auch zu halten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Zuhörer auf der Besuchergalerie werden sich die Frage stellen, welches Schauspiel hier heute aufgeführt wird (Abg. Scheibner: Das haben wir heute schon in der Früh gesehen!), denn bis dato ist die Dringlichkeit dieser Anfrage nicht klar geworden. Es hat zwar einen munteren Wettbewerb von Em­pörungsschauspielern gegeben, den bisher Kollege Amon gewonnen hat, aber an Substanz ist nichts eingebracht worden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich würde Sie ersuchen: Lesen Sie sich die Dringliche Anfrage der Abgeordneten Brinek, Bleckmann und Kollegen wirklich einmal durch! Vor allem die beiden Damen, die diese Anfrage gestellt haben, sollten sie durch­lesen und sich dann die Frage stellen, mit welcher Selbstachtung sie in diesem Haus sitzen, nämlich auf Grund der von ihnen gestellten Frage an die Frau Ministerin: „Wie ist die studentische Mitsprache im Universitätsgesetz 2002 geregelt?“ (Abg. Dr. Bri­nek: Damit Sie es endlich hören!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie werden doch wissen, was Sie beschlos­sen haben, da brauchen Sie doch nicht die Frau Ministerin zu befragen! Das ist eine peinliche Anfrage, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Mag. Kogler: Bravo!)

Zum Zweiten, was die Dramatik der Ereignisse an den Universitäten betrifft, zitiere ich:

„Man soll die Kirche im Dorf und die Topfentorte in der Aida lassen. Jene Studenten, die den Rektor der Uni Wien und einen hohen Beamten des Bildungsministeriums mit Torten attackierten, haben sich nicht mit Ruhm bekleckert, sondern so angepatzt, dass derzeit kaum jemand Geschmack an den Diskussionsargumenten der Studierenden findet.“ – Richtig!

Und weiters: „Der Diskurs droht auf der Topfencreme ins Lächerliche abzugleiten.“ (Abg. Dr. Brinek: Weil er verweigert wurde!)

Das, meine Damen und Herren, schreibt nicht das „Zentralorgan der Linkswende“, son­dern der „Kurier“, der sich bereits am Tag nach diesem Vorfall lustig macht über diese gespielte Empörung von allen Seiten, wo so getan wird, als ob ein Bombenangriff auf die Universität stattgefunden hätte. (Abg. Mag. Molterer: Rechtfertigen Sie das jetzt? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Jeder weiß doch, dass das, was da von Ihnen kommt, keine Argumente sind. Wenn aber Sie, Herr Molterer, von „Gewalt“ reden, dann sollten Sie sich einmal mit der alltäglichen Gewalt wirklich beschäftigen und nicht aus jeder Mücke einen Elefanten machen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Sie verteidigen das?)

Nein, kein Mensch in der Sozialdemokratie hat das verteidigt (Abg. Scheibner: Sie ziehen es ins Lächerliche! Worin ist da der Unterschied, wenn Sie es ins Lächerliche ziehen?), aber soll ich Ihnen etwas sagen: Ihre Empörung beeindruckt niemanden, sondern wird von Minute zu Minute lächerlicher! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Der wahre Grund für diese Dringliche Anfrage ist doch ein ganz anderer: Karl-Heinz Grasser soll offensichtlich heute Nachmittag für ein paar Stunden versteckt werden (ironische Heiterkeit sowie Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen), damit er sich nicht die peinlichen Fragen gefallen lassen muss, wie letztendlich seine Steuer­gestionierung tatsächlich ausschaut, damit er sich nicht die unbeantworteten Fragen gefallen lassen muss, woher denn seine Zusatzeinkünfte kommen, ob er diese ver­steuert hat oder nicht, ob der Verdacht der Steuerhinterziehung gerechtfertigt ist, und so weiter.
(...)


Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist hier die Frage gestellt worden, ob diese Dringliche Anfrage eine Rechtfertigung hat. – Meine Damen und Herren! Diese Dringliche Anfrage setzt sich mit einer Grundsatzfrage auseinander, nämlich ob wir den Weg des Dialoges gehen wollen oder den Weg der Gewaltbereitschaft. Und diese Frage ist eine Kernfrage demokratischer Auseinandersetzung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Den Beweis dafür hat Ihr Vorsitzender geliefert, Abgeordnete Bures, denn SPÖ-Vorsitzender Gusenbauer fand kein Sterbenswörtchen der Distanzierung von diesen gewaltbereiten Aktionen. Kein Sterbenswörtchen! (Abg. Bures: Das stimmt doch überhaupt
nicht!) Er hat sich lustig gemacht über jene, die sich Sorgen machen (Abg. Bures: Sie sind wieder obergescheit!), über jene, die sich Sorgen machen, wenn an den Universitäten die Dialogbereitschaft nicht mehr vorhanden ist. (Heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Diese Aufforderung hier ist keine Aufforderung von Basisgruppen. (Abg. Bures: Das sind Gruselgeschichten, mehr nicht!) Diese Aufforderung, mit der Faust ins Gesicht zu fahren, meine Damen und Herren, ist eine offizielle Aufforderung der ÖH Wien, einer
Körperschaft öffentlichen Rechts. (Der Redner stellt eine Tafel auf das Rednerpult, auf der unter dem Titel „Vorwärts zum Start! Smash Organisationsreform!“ eine Faust und das Gesicht des Rektors gezeichnet sind. – Ruf bei der ÖVP: Liberal! Liberal!)

Lassen Sie mich auch noch Folgendes sagen, Herr Professor Grünewald, weil Sie hier fragen, warum diese Frage gestellt worden ist, wie die studentische Mitsprache geregelt sei: Diese Frage ist schon berechtigt, denn die Rechtfertigung derjenigen, die
gewaltbereit waren, war nämlich einzig und allein darin begründet, dass die studentische Mitsprache angeblich außer Kraft gesetzt werden soll.
Lesen Sie im heutigen „Standard“ nach – „Weniger Demokratie wagen?“ –, wo genau das als Begründung angeführt wird, was in der Sache völlig unrichtig ist. Niemand will den Studenten die studentische Mitsprache nehmen! (Abg. Dr. Grünewald: Es geht
um die Mitbestimmung an der Universität!)
(...)
Und noch eines sei Ihnen deutlich gesagt: Das Tortenwerfen ist doch keine Einzelaktion! VSStÖ-Graz – schauen Sie ins Internet, machen Sie das Internet auf –: Sie haben dort eine ständige Tortung, nämlich die von Kabas, als Anleitung beim VSStÖ-
Graz. Und auch die ÖH-Exekutive in Wien hat eindeutig jede Distanzierung von der Tortenaktion abgelehnt und ausgeschlossen.
Meine Damen und Herren! Das ist der große Unterschied: Wir wollen den Dialog. Auch Rektor Winckler hat den Dialog gesucht, ganz deutlich! Sie lehnen den Dialog anscheinend ab. Ihnen ist es wichtig, ob jetzt offen oder auch nur andeutungsweise, hier jene zu stärken, die gewaltbereit sind. Und das Eintreten von Türen, meine Damen und Herren, das gewaltsame Besetzen, ist das nicht Gewalt? Ist das Tortenwerfen nicht Gewalt? (Ruf bei der SPÖ: Ist abgelehnt worden! – Abg. Dr. Gusenbauer: Sie sind ein Verleumder!) Ich bin kein Verleumder. (Abg. Dr. Gusenbauer: Sie Verleumder!
Niemand hat die Gewalt begrüßt! – Ruf bei der SPÖ: Ist abgelehnt worden!) Nein, nicht begrüßt, aber nicht distanziert! Ich habe das nie gesagt. Noch einmal: Sie haben kein Wort der Distanzierung gefunden, Herr Klubobmann Gusenbauer. (Abg. Dr. Gusenbauer: Lopatka ist ein Verleumder!)
Sie haben sich lustig gemacht darüber, und Ihr Abgeordneter Niederwieser hat in der APA sogar noch zu zivilem Ungehorsam aufgerufen. Lesen Sie nach am 22. Jänner in der APA! – Kollege Niederwieser soll doch herauskommen, um das richtig zu stellen.
Sie haben zu zivilem Ungehorsam aufgerufen! Sie haben zu zivilem Ungehorsam aufgerufen – lesen Sie in der APA nach, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Wir hingegen gehen weiter diesen Reformkurs und sagen Ihnen eines: Aufrufe zu zivilem Ungehorsam und die Art und Weise, wie Sie dieses Thema diskutiert haben, werden von uns nie eine Zustimmung erhalten. Unsere Zustimmung findet der Kurs der uuständigen Ministerin. Diese Reform ist von Erfolg gekennzeichnet, wird vom Verfassungsgerichtshoffür richtig empfunden und wird jetzt umgesetzt werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)
 

twoday.net AGB

xml version of this page

xml version of this page (summary)

powered by Antville powered by Helma