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Thomas Ernst (Universität Bielefeld): Subversion. Ein Gespenst geht um.

KG_Cover_96Neben dieser starken Nutzung des Begriffs der Subversion in der dekonstruktivistischen feministischen Theorie und Praxis der neunziger Jahre und seiner Anwendung auf die neuen Kommunikationstechniken wie das Internet, das ab 1996 stark expandierte, sind jedoch noch immer die „altbekannten“ subversiven Techniken und Konzepte virulent und werden von der Anti-Globalisierungsbewegung in verschiedenem Maße revidiert und genutzt. Ein großer Verdienst kommt hierbei dem Handbuch der Kommunikationsguerilla zu, das 1994 zahlreiche subversive Techniken des 20. Jahrhunderts zusammenfasste und somit wieder
anwendbar machte: Themen sind Dada, Burroughs? Cut Up, die Situationistische Internationale, das Verfremdungsprinzip, die Subversive Affirmation, die Kommune I, Provos, Subversive Aktion/Gruppe Spur usw. Inhaltlich versteht sich das Buch als „Teil eines Prozesses, in dem gesellschaftliche Herrschaftsverhältnisse kritisiert und angegriffen werden – neuer und alter Nationalismus, Sexismus/Patriarchat, Rassismus und die mit ihnen verknüpfte kapitalistische Produktionsweise“ [autonome a.f.r.i.k.a. gruppe 6].

Es stellt ein ganzes Arsenal subversiver Techniken zusammen – ohne es jedoch in dem Maße auf die neue historische, politische und mediale Situation hin zu aktualisieren oder zu problematisieren, wie es vielleicht nötig gewesen wäre. Ihre eigene Wirksamkeit schätzt die Kommunikationsguerilla der neunziger Jahre viel geringer ein, als dies sämtliche subversiven Gruppierungen vor 1989/90 noch taten. Es geht nicht mehr um eine strukturelle Veränderungen oder gar die komplette Veränderung der Menschen – vielmehr um eine Problematisierung der Machtverhältnisse an einzelnen kleinen Stellen:

"Kommunikationsguerilla will die Selbstverständlichkeit und vermeintliche Natürlichkeit der herrschenden Ordnung untergraben. Ihre mögliche Subversivität besteht zunächst darin, die Legitimität der Macht in Frage zu stellen und damit den Raum für Utopien überhaupt wieder zu öffnen. Ihr Projekt ist die Kritik an der Unhinterfragbarkeit des Bestehenden; sie will geschlossene Diskurse in offene Situationen verwandeln, in denen durch ein Moment der
Verwirrung das Selbstverständliche plötzlich in Frage steht. Jede Aktion ist dabei für sich genommen nur ein momentaner oder lokaler Modus der Grenzüberschreitung. Aber je öfter politische Gruppen Räume öffnen, anstatt sie zu schließen und zu fixieren, desto mehr Möglichkeiten für Visionen und kleine Vorgriffe auf Alternativen zur bestehenden Gesellschaft kann es geben." [autonome a.f.r.i.k.a. gruppe 7]

Auch wenn das Buch oft vor allem der Selbstreflexion linker Bewegungen in den neunziger Jahren zu dienen scheint, so ist sein Gestus nicht falsch: Selbst wenn aktuell der Raum für politisch-strukturelle Veränderungen sehr klein erscheint, so kann die Erinnerung, Einübung und ggf. Erneuerung der zugehörigen Techniken nicht überflüssig sein – so lange die Hoffnung auf eine spätere Zeit der Veränderung nicht völlig verloren gegangen ist. Wenige Jahre danach nahmen die intensiven weltweiten politischen
Proteste den Begriff der Subversion und der Kommunikationsguerilla dankend wieder auf."
 

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