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Datum: Sonntag, 21. Dezember 2008
Zeit: 14:00 - 17:00
Ort: Helvetiaplatz
Stadt/Ort:
Bern, Switzerland

Wir setzen ein friedliches, aber eindeutiges Zeichen gegen den texanischen Tölpel, der sich in den letzen 8 Jahren zum mächtigsten Mann der Welt krönte.

"Bush ließ seine Armee gegen den ausdrücklichen Willen großer Teile der Welt und vieler Regierungen in den Irak einmarschieren. Den „War on Terror“, den „Krieg gegen den Terror“, nannte er einen „Kreuzzug“, ohne überhaupt zu begreifen, welche Assoziationen dieses Wort in der islamischen Welt auslösen musste."

Die Veranstaltung findet statt, wenn genügend Zusagen eintreffen.

Also nehmt eure alten Schuhe mit, wir bewerfen die US-Botschaft! Wir besammeln uns auf dem Helvetiaplatz!



Packliste: viele Freunde, Kollegen etc. und alte Schuhe!

over or on you? lässt sich seit Sonntag mit gewissen Recht fragen. Die Medien sind voll von Berichten über die erste wirklich große "Schuhung" im globalisierten Kapitalismus. George W. Bush hatte sich nochmals in den Irak getraut und sollte gehörig versohlt werden.



Wir sind ja schon allerhand gewohnt. Aber nachdem alle zuerst gemeint hatten, das Schuh-Out gegen den noch amtierenden US-Präsidenten eines irakischen Journalisten (akkreditiert für einen Kairoer Fernsehsender) sei vor allem eine Aktion mangelns anderer Gelegenheiten gewesen, lässt sich sagen, dass diese Herrschaften die kulturelle Grammatik im Irak nicht sonderlich gut drauf hatten.

Im Streiflicht der Süddeutschen Zeitung (16.12.08) hieß es in diesem Zusammenhang:
"Die Wahl der Waffe mag wohl von den Umständen beeinflusst gewesen sein, ein Schuh ist in die legendäre grüne Sicherheitsszone in Bagdad wesentlich leichter einzuschmuggeln als zum Beispiel die berühmte, in diesem schmählichen Kontext völlig überschätzte Sahnetorte. Aber auch symbolisch scheint die Atkion ein gelungener Wurf zu sein. Im Irak gehört das Schuhwerk zur untersten Klasse, ein Paria der Bekleidung gewissermaßen, abgelascht, schlapp und schweißig, mit städniger Boden- und Schmutzberührung."

Was heißt hier überschätzte Sahnetorte. Sie passt einfach nicht. Bei Saddam hatte es auch keine Torte gegeben und wenn, dann wird Bush im arabischen Raum auf ziemlich der Ebene angesiedelt:

"Wer von einem solchen Objekt getroffen wird, muss sich als den allterletzten Dreck betrachten." (SZ, 16.12.08.)


An anderer Stelle wird in der Süddeutschen Zeitung (15.12.2008) ein Islamwissenschaftler zitiert:

Die Schuh-Symbolik

"Schuhe gelten im Nahen Osten per se als dreckig", erläutert Hildebrandt und betont auch, dass dies nichts mit der Religion des Islam zu tun habe. Während in Deutschland mitunter Gäste ihre sauberen Schuhen anlassen dürfen, würde niemand im Irak, in Syrien oder im Libanon mit Straßenschuhen die Wohnung des Gastgebers betreten: "Dies wäre eine grobe Unhöflichkeit."

Die Symbolik der "dreckigen Schuhe" verdeutlicht Hildebrandt, der lange in der libanesischen Hauptstadt Beirut gelebt hat, mit einem weiteren Beispiel: Bei antiwestlichen Demonstrationen würden Protestierende häufig über israelische oder US-amerikanische Fahnen laufen, um diese zu beschmutzen.


Der Hamburger Kulturwissenschaftler Klaus Schönberger wagte denn auch im Wiener Standard (16.12. 08) eine nicht allzu vorlaute Voraussage:

"Dabei könnten nun, nach all der medialen Aufmerksamkeit, Schuhungen von Politikern weit öfter vorkommen."

Interessant ist in jedem Fall, wie schnell symbolische Politik zu richtiger Hardcore-Politik werden kann. Die beobachtbaren Inszenierungen sind eben nicht nur Schein, sondern drücken handfeste Interessen und im Falle des BuShouing kann hierüber sich die Gemütslage eines sich nicht mehr befreit, sondern - dank der nimmer aufhörenden Weisheit der Bush-Administration, besetzt fühlenden Iraks artikuliert werden.

Mal sehen, wann und gegen wen hierzulande die ersten Schuhe geworfen werden.

Das Schweizer Fernsehen (SF, 11. Dezember 2008) berichtet über Probleme des "Graffiti-Künstler Naegeli (...) mit der Justiz" in Düsseldorf:

Polizei stoppt Sprayaktion des Schweizers
Der als «Sprayer von Zürich» bekannte Künstler Harald Naegeli ist in Düsseldorf wegen einer Sprüharbeit mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Als er ein Bürogebäude mit einem Graffito verzieren wollte, stoppte ihn ein Zeuge und rief die Polizei.

Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft bestätigte entsprechende Medienberichte. Seine Verteidigung «Das ist Kunst!» half dem 69-Jährigen nichts.

Wegen der Sprüherei an einem Oktobermorgen wird nun wegen Sachbeschädigung ermittelt. Angeblich hat sich der Künstler aber inzwischen mit dem Hausbesitzer geeinigt und will die abstrakten Linien seines Graffitos wieder entfernen lassen.


der ganze Beitrag

"1+1 = 1" ist ein Weblog, das immer mal wieder über KG-Aktionen berichtet und sich gerne in einem etwas distanzierenden Ton gefällt, andererseits zugleich damit ein wenig angegeben wird, wen man bereits alles getroffen hat. Das gehört im Kunstkontext zum Geschäft und soll hier nicht weiter stören. Zudem erinnern der/die VerfasserInnen uns mitunter an noch nicht erledigte Hausaufgaben, was wir jetzt aber pflichtschuldigst nachgeholt haben. Im Beitrag über die NYT-Camouflage der Yesmen, gehen sie nochmals auf die Gruppe selbst und die zuvor vorgenommene Spendenaktion ein.

Aktionen wie die falsche New York Times der YesMen werden im "Handbuch der Kommunikationsguerilla" als "Camouflage" bezeichnet. Die NYT bezeichnet diese falsche Ausgabe ihrer Zeitung als "Spoof" )("Liberal Pranksters Hand Out Times Spoof"). Die englischsprachige Wikipedia definiert "spoofs" als "parody by imitation" und verlinkt dann auf den Begriff "Parodie".
Allerdings bleibt das unbefriedigend, weil Spoofs oder Camouflagen wie die der YesMen eben dann doch etwas anderes sind, weil sie den künstlerischen Rahmen überschreiten wollen.

Im Handbuch der Kommunikationsguerilla wird dieser Aspekt von "Fälschungen" dahingehend diskutiert, dass viele spoofs bzw. camouflage schlecht gemacht sind, weil sie einfach den grafischen Kontext übernehmen und ansonsten inhaltlich gleich erkennbar sind. Im Falle des NYT-Spoofs ist das offensichtlich anders.

By the way. Die NYT zeigt sich in ihrem Blog ziemlich stolz ob der Tendenz sie zu spoofen:

"There is a history of spoofs and parodies of The Times. Probably the best-known is one unveiled two months into the 1978 newspaper strike. A whole cast of characters took part in that parody, including the journalist Carl Bernstein, the author Christopher Cerf, the humorist Tony Hendra and the Paris Review editor George Plimpton.

And for April Fool’s Day in 1999, the British business executive Richard Branson printed 100,000 copies of a parody titled “I Can’t Believe It’s Not The New York Times.” A 27-year-old Princeton alumnus named Matthew Polly, operating a “guerrilla press” known as Hard Eight Publishing, edited that 32-page spoof of the newspaper. "

Auf Zeit Online (14.11. 2008) findet sich ein weiterer Artikel, der sich mit dem Phänomen der unwahren Behauptungen, die wahre Ereignisse schaffen, beschäftigt. Die Autorin erachtet die Verfasstheit der US-Medienlandschaft an, die erklären soll, warum so viele der Camouflage in Fake-Manier aufgesessen seien:

"Dass die Times dazu ausgesucht wurde, und nicht die Washington Post oder USA Today, ist kein Zufall.

Denn das Blatt, das ambitionierteste im US-Journalismus, hat durch seine Irakkriegs-Berichterstattung an Glaubwürdigkeit verloren: Die Linken schelten es, weil es auf die Massenvernichtungswaffensuada der Bush-Regierung hereingefallen ist, die Rechten werfen ihr bereits seit Stalin vor, sie verbiege die Fakten zugunsten der Liberalen. Dies hat Leser gekostet, ihre Aktien haben nur noch Schrottwert.

Aber der lange, heftige Wahlkampf verschärfte den Kampf um die Glaubwürdigkeit, nicht nur im Printbereich, auch im Fernsehen. Da tauchten wahlkämpfende Politiker in Satiresendungen auf und begegneten dort ihrem fiktionalen Double, wie Sarah Palin, die in der Comedyshow Saturday Night Life auf Tina Fey traf. Nachrichtensender wie Fox verpackten republikanische Propaganda in die Schlagworte „fair and balanced“ und bieten fiktionalen Charakteren wie „Joe The Plumber“, der weder Joe heißt, noch Klempner ist, eine echte Plattform. Derweil verwandelte CNN in der Wahlnacht seine Reporter in Hologramme, frei von Raum und Zeit.

Inzwischen verwirrt es nicht nur die Zuschauer, was eigentlich echt ist, sondern auch die Medien selbst. MSNBC, der Kabelableger von NBC, fiel kürzlich auf einen vermeintlichen McCain-Berater namens Martin Eisenstadt herein. Dieser habe der Presse gesagt, Sarah Palin wisse nicht, dass Afrika ein Kontinent sei und kein Land. Nicht nur MSNBC, sondern Sender berichteten das. Nur: Martin Eisenstadt gibt es nicht einmal. Er ist das Produkt zweier TV-Produzenten, die ihn für eine Fernsehserie erfunden haben."

Igor Vamos landete mit der gefälschten »New York Times« einen Coup

Max Böhnel aus New York für das Neue Deutschland (15.11. 2008) bot am Samstag einen Artikel über neben Andy Bichelbaum zentralen Akteur bei den YesMen: Igor Vamos

Als am Mittwochmorgen Hunderte von Freiwilligen den erstaunten Pendlern an belebten Orten der USA 1,2 Millionen Gratisausgaben der »New York Times« mit dem Aufmacher »Iraq War Ends« in die Hand drückten, lachte sich Igor Vamos ins Fäustchen. Denn er war einer derjenigen, die den medialen »spoof« (Verulkung), der diese Woche weltweit Schlagzeilen machte, »in der Kneipe mit Kumpels nach vielen Bieren« ausgeheckt hatten.

Der Assistenzprofessor für Medienkunst Igor Vamos und sein »Yes-Men«-Mitstreiter, Science-Fiction-Autor Jacques Servin, entlarven seit Jahren unangemeldet und mit meisterhafter Satire »die Fratze der Herrschaft«, und sie sind gut vernetzt.

Igor Vamos lehrt Video- und Medienkunst am Polytechnischen Institut »Rensselaer« in Troy, 250 Kilometer nördlich von New York. Er selbst habe in der »spoof«-Ausgabe nur einen Beitrag geschrieben, den über das »globale Verbot aller Waffensysteme«. Aber die Übergangsphase von der Bush- zur Obama-Regierung sei »ein guter Zeitpunkt zu diskutieren, was wirklich möglich ist«. In Vamos' »Times« wird nicht nur das Ende des Irak-Kriegs erklärt. Condoleezza Rice gibt zu, dass Washington von der Nichtexistenz irakischer Massenvernichtungswaffen wusste, der Kongress beschließt eine staatliche Krankenversicherung, ExxonMobil geht in öffentliches Eigentum über, die »New York Times« entschuldigt sich für ihre Kriegstrommelei und Chefkolumnist Thomas Friedman tritt zurück.

Wie immer ist Igor Vamos für Interviews nicht zu haben. Er zieht es seit Jahren vor, als Teil linker, der Aufklärung verpflichteter kurzfristiger Kollektivprojekte mitzuarbeiten. Welche Rolle er dabei konkret spielt, ist nur dem jeweils inneren Zirkel bekannt. 1993 tauschte er die Stimmen von Barbie-Puppen und militaristischen »GI-Joe«-Figuren aus und ließ sie in Spielzeugläden verkaufen. Er machte entlarvende Videodokumentationen auf Militärgeländen und Industrieanlagen, an Ölbohrstellen und an der Grenze USA-Mexiko.

Die falsche »New York Times« ist inzwischen vergriffen. Am Tag nach der Guerillaaktion wurden auf eBay die ersten gedruckten Exemplare versteigert – ab 100 Dollar aufwärts.


In der selben Ausgabe des Neuen Deutschlands (17.11. 2008) erklärt der Chefredakteur Jürgen Reents himself: "Ein Fälschung will Wahrheit" und sieht "eine Kommunikationsguerilla" am Werk.

erzeugt Resonanz. Ein gewaltiges Medienecho verursacht der neue Fake, der eigentlich eine Camouflage ist, der YesMen, der von der Bedeutung noch über den Dow-Chemical-Fake hinauszugehen scheint. Dieser Tage verteilten 1000 HelferInnen eine falsche Ausgabe der New York Times. Bei der taz (13.11. 2008) lesen wir ein paar Hintergrundinformationen für den Prank des Jahres. Das die taz aber auch nicht mehr so richtig gut informiert ist, zeigt ihre Bildergalerie, wo sie dann alles durcheinander wirft: Fälschen, Fakes und gut, dass sie einen Fake von einer Camouflage nicht unterscheiden kann, da ist sie nicht allein.

Auf der on3-Webseite des Bayrischen Rundfunks findet sich nicht nur die Überschrift dieses Eintrags ("Yes they can"), sondern neben begeisterter Zustimmung ("Die Aktion ist ein grandioser Fake der Aktivistengruppe "The Yes Men") eine überaus huldvolle Beschreibung früherer Aktionen.

Die Webseite der tagesschau (13.11. 2008) ist gleichermaßen informiert, redet aber in klassischem zeitungsdeutsch von "Enten" und verziert das Faksimile der NYT mit einer Quietscheente.

Die Financial Times Dtl. (13.11. 2008) beschreibt die erhofften Reaktionen auf die Aktion und analysiert mit den ihr zugänglichen intellektuellen Mitteln, wie das mit dem Begehren beim Funkitionieren von Fakes respektive Camouflagen ist:

"Es ist wie ein Traum. Ich kann es nicht glauben. Der Irakkrieg ist vorbei", ruft der gut gelaunte, stämmige Krawattenträger Passanten auf der Straße zu. In der Hand hält er die "New York Times", auf der in großen Buchstaben genau das steht: "Der Irakkrieg geht zu Ende. Die Truppen werden sofort abgezogen."

Leider ist seine Freude etwas voreilig. "

 

twoday.net AGB

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