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In Österreicht gibt's nicht die BILD-Zeitung, sondern die "Krone". Dass wir es hier mit der Krone der Schöpfung zu tun haben, lässt sich allerdings kaum sagen. Das Blatt ist so unsäglich wie seine MacherInnen und vermutlich auch wie die LeserInnen. Der oberste Kronist ist allerdings ein gewisser "Hans Dichand" - mindestens so unsäglich wie "unser" Georg Wagner bei BILD. Nun hat Dichand auf seine Greisenjahre noch das Bloggen entdeckt. Und SchwuppdiWupp gab es einen "Doppelblogger", der unter gleichem Namen, also "Hans Dichand" quasi ein Paralellblog ("Aus österreichischer Sicht -
Gedanken zu den Ereignissen in unserem schönen Land") führte und der sich nach Klagedrohungen seitens Dichands auch gleich wieder enttarnte.

"Die Presse" (18.12. 2007) macht nun der Vergleich mit den YesMen auf. Bei allem Respekt, aber die betonen nicht so häufig, dass das alles Kunst oder Spaß sei:

"„The Yes Men“ als Vorbilder

Dichand irrte nur, als er eine „einmalige verbotene Handlung“ vermutete. Die internationalen Kommunikationsguerillas untergraben schon seit Anfang der 90er-Jahre Autoritäten aller Art: Medien, Firmen und Institutionen. Erst machen sie sich ihnen täuschend ähnlich, dann treiben sie ihre Botschaften auf die Spitze. Bis sich die ertappten Hörer und Leser Gedanken über das Original machen, dem sie bislang unreflektiert vertrauten. Berühmt wurden „The Yes Men“ aus New York. Sie fälschten die Website der Welthandelsorganisation WTO und ließen sich zu Konferenzen einladen. Dort empfahlen sie in eleganter Kleidung und ernsten Worten, die Sklaverei in Afrika wieder einzuführen: „Darum geht es beim freien Handel: um die Freiheit, alles zu kaufen und zu verkaufen – sogar Menschen“. Man hörte ihnen ehrfürchtig zu.

Verglichen damit nimmt sich Drösslers Tun harmlos aus. Er selbst definiert sich „nicht als Linken, sondern als Libertären“. Nachdem er sich selbst „abgebloggt“ hat, bleibt ihm eine Hoffnung: dass seine Aktion Kreise zieht. „Schön wäre es, wenn sich morgen ein anderer Faker zu Wort meldet, der einen Fellner oder Bronner imitiert.“

Kasten:
DER BLOGGER ALS ANARCHIST

Philipp Drössler hat den Blog von Hans Dichand ein Monat lang satirisch imitiert. Gestern stellte er sich der Öffentlichkeit.

Ein Blog oder Weblog ist ein im Internet geführtes Tagebuch, in dem der „Blogger“ seine Gedanken und Erlebnisse der Öffentlichkeit verkündet.

Kommunikationsguerilla nennt man Künstler und politische Aktivisten, die Botschaften anderer imitieren und überspitzen, um so Kritik zu üben. [Clemens Fabry]


Die YesMen schreiben jedenfalls nicht unter ihre Webseiten, dass es sich um ein "Stilmittel", nämlich Satire handele. das hindert offensichtlich in Österreich die ganze Camerilla kaum, sich maßlos aufzuregen ... und es kommt ja darauf an, die jeweilige kulturelle Grammatik verstanden zu haben ... Fake as Fake can ...






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Hier gibt's "Printable Cold Sores and other adventures in geek graffiti".

DownloadDownload the printable cold sore sheet.

Alex Rühle von der Süddeutschen Zeitung (23.11.2007) missglückt eine "eine kleine Kulturgeschichte des Lebensmittelattentates und Farbbeutelwurfs" (wie die Kollegen von rebel:art den Artikel einführen). Ziemlich uninspiriert macht er sich der Todsünde des Feuilletons schuldig. Vom eigenen Geschmack auf das Phänomen zu schließen. Aber die Süddeutsche hat die taz schon lange in Sachen Zentralorgan der Bildungsbürger abgelöst.

"Kuchen-Attentate auf Politiker
Eine Torte sagt mehr als 1000 Worte

Joschka Fischer, Helmut Kohl und Günther Oettinger, sie alle wurden Opfer eines Anschlags. Aus gegebenem Anlass: eine kleine Kulturgeschichte des Lebensmittelattentates und Farbbeutelwurfs.

Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger wurde am Donnerstag bei einer Veranstaltung in Stuttgart von einer Studentin mit einer Torte beworfen. Oettinger hielt gerade eine Rede zum Jubiläum des zehnjährigen Bestehens der Pro Arbeit GmbH im Stuttgarter Haus der Wirtschaft, als eine Studentin aufs Podium trat, eine Pappschachtel öffnete, "Arbeit für alle!" rief und eine Schwarzwälderkirschtorte warf.

Abgesehen davon, dass das Lebensmittelattentat (ebenso wie der Farbbeutelwurf) ungefähr so alt und dämlich ist wie der Blondinenwitz - die Studentin hat komplett versagt: Zum einen traf sie nur Oettingers Anzug. Vor allem aber gibt es von dem Vorfall kein Foto. Das Tortenattentat aber bezieht seine Kraft daraus, dass es das Gesicht eines Mächtigen sichtbar verunstaltet.

Oder wie es Agent Chocolate, Mitglied der semiprofessionellen Biotic Bakery Brigade aus San Francisco ausdrückt: "Das Tortenwerfen als Geste ist wie visuelles Esperanto, es wird weltweit verstanden. Man kann damit jemanden, der sich als unantastbar gibt, im Fernsehen auf eine menschliche Ebene herunterholen. Eine Torte im Gesicht ist ein kraftvolles Zeichen von Kritik und es macht Spaß." Diese Sätze enthalten in nuce alle wesentlichen Elemente des Tortenattentates: Der Tortenwurf ist ein Kind der Mediendemokratie und der Spaßgesellschaft. Und die Werfer sehen sich meist als politische Heroen, die die Mächtigen als Witzfiguren demaskieren: Eben deshalb zielen sie auch immer auf das Gesicht von prominenten Politikern. Nie war hingegen von Torten gegen anonyme Polizeieinsatztruppen zu hören.

Halt, stimmt nicht, in Deutschland kam sie als Waffe erstmals in der historischen Tortenschlacht von Hannover zum Einsatz: Im Rahmen der 23. Delegiertenkonferenz des SDS wollte Fritz Teufel 1968 mit Freunden ein Café besuchen. Der Besitzer verweigerte ihnen den Zutritt und rief die Polizei. Teufel und seine Freunde plünderten daraufhin die Vitrinen und bewarfen die Polizisten mit dem reichhaltigen Sortiment des Konditors.

Es gibt das Tortenattentat überhaupt erst seit Mitte des 20. Jahrhunderts, seit die Grundversorgung der Bevölkerung soweit sichergestellt ist, dass sich keiner beim Betrachten solcher Bilder über die Verschwendung kostbarer Lebensmittel aufregt. Erfunden wurde die Torte als Wurfgeschoss freilich im amerikanischen Showbusiness, von wo aus sie schnell ins Kintopp hinüberflog. Irgendwann hatten sich aber auch die letzten Stummfilmzuschauer sattgesehen an den dauernden Tortenschlachten.

Stan Laurel und Oliver Hardy bestellten deshalb 1927 bei der Los Angeles Pie Company 3000 Torten, brauchten sie in dem programmatischen Film "The battle of the Century" restlos auf und sagten danach, das sei der definitive pie picture, "a pie picture to end all pie pictures". Seither ziehen Filmemacher Tortenwürfe denn auch nur noch als Hommage an den Stummfilm oder als ironisches Bekenntnis zur eigenen künstlerischen Anspruchslosigkeit heran.

Leider sind die politischen Tortenwerfer noch nicht soweit wie die Filmemacher. Sie werfen weiter, obwohl sich auch in der Politik das Überraschungsmoment längst abgenutzt hat: Als im Jahr 2000 auf einer der Kyoto-Folgekonferenzen der amerikanische Delegationsleiter Frank E. Loy von einer Sahnetorte erwischt wurde, redete er einfach stoisch weiter, als ob nichts passiert sei.

Möglichst viele Menschen eintorten

Womit er ja in gewisser Weise recht hat: Tortenattentate sind eher symbolisch gemeinte Anschläge. Der Wurf soll nicht so sehr schmerzen (noch nie wurde ein Politiker mit Printen oder einem harten Streuselkuchen beworfen) als den Getroffenen der Lächerlichkeit preisgeben. Damit sie optisch möglichst viel Unheil anrichtet, konzentrieren sich Tortenwerfer deshalb stets auf extrem cremige Produkte. Noël Godin spricht in dem Zusammenhang von der "tarte classique", bestehend aus einem weichen, leichten Biskuitboden und möglichst viel Sahne.

Godin ist so etwas wie der Patriarch unter den Tortenattentätern. Seit er 1968 Marguerite Duras bewarf, hat der belgische Autor und Kritiker es sich zum Lebensziel gemacht, möglichst viele Menschen einzutorten, die seiner Meinung nach selbstgerecht und humorlos sind. Auf die Idee, dass das selbst wieder selbstgerecht sein könnte, ist er bislang noch nicht gekommen.

Zu seinen Opfern zählen Nicolas Sarkozy, Bill Gates, Jean-Luc Godard, und der Philosoph Bernhard-Henry Levi, den er bereits siebenmal bewarf. Godin hat im französischsprachigen Raum eine ihm nacheifernde Fangemeinde, die sich in Anlehnung an die Ärzte ohne Grenzen als Pâtissiers sans Frontières bezeichnen. Und die schon zitierten Mitglieder der amerikanischen Biotic Bakery Brigade sehen sich als international agierende Gruppierung, die schon mehr als 40 erfolgreiche Attentate verübte.

Unseren Recherchen zufolge hatte bislang freilich nur ein Lebensmittelattentat politische Wirkung, 2001, beim Wahlkampfauftakt der CDU in Berlin: Als Demonstranten die gesamte Unionsspitze mit Eiern bewarfen, ging der Berliner Spitzenkandidat Frank Steffel reflexhaft hinter Edmund Stoiber in Deckung. Das hätte jeder so gemacht, Steffel aber galt fürderhin als Feigling und ward nie mehr gesehen."


Schon erhellend was so ein SZ-Feuilletonist als "politische Wirkung" begreift.

Die Stuttgarter Zeitung schrieb am 24.11.2007:

"Die Studentin hat sich nach eigener Aussage an einem Vorbild orientiert: Im November 2005 war der Chef der Hochschulrektorenkonferenz, Peter Gaethgens, bei einem Vortrag an der Universität Tübingen Ziel eines Anschlags mit einer Schoko-Sahne-Torte. Vier Studierende wollten so ihren Protest gegen Studiengebühren ausdrücken. Diese Methode lässt sich zurückführen auf ein "Handbuch der Kommunikationsguerilla", das in Tübingen entstanden ist. Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen gegen die Tübinger Studierenden ein. Die körperliche Misshandlung des Getroffenen sei unerheblich. Die Sachbeschädigung am beschmutzten Anzug reiche für eine Strafverfolgung nicht aus, so die Begründung damals."

Und hier der Rest des Artikels:

Deckt Tortenwurf Sicherheitslücken auf?

Polizei: Personenschützer reagierte zu langsam - Studentin orientiert sich an Tübinger Vorbild

Polizei und Innenministerium prüfen, ob der Tortenwurf auf den Regierungschef Oettinger "taktische Konsequenzen" haben muss. Der Ministerpräsident selbst sieht von einem Strafantrag gegen die Täterin ab.

Die Behörden hängen die Sache tief. Das Staatsministerium verweist auf die Zuständigkeit des Innenministeriums. Dieses will vom Polizeipräsidium Stuttgart einen Bericht über den Vorfall. Dann werde man "prüfen, ob und welche taktischen Konsequenzen zu ziehen sind", wie eine Sprecherin des Innenministeriums sagt. Das Polizeipräsidium Stuttgart ist zuständig für den Personenschutz - auch des Ministerpräsidenten. Dort spricht man erst mal mit den Beamten, die am Donnerstag dabei waren, als der Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) Ziel der Tortenattacke einer jungen Frau geworden ist.

Im Haus der Wirtschaft in Stuttgart sprach Oettinger bei einer Jubiläumsveranstaltung der Pro Arbeit GmbH. In der ersten Reihe saß auch eine 24-jährige Stuttgarterin. Während Oettinger redete, stand sie auf und ging Richtung Rednerpult. Sie hatte eine Pappschachtel dabei und öffnete sie. Darin war eine Schwarzwälder Kirschtorte. Mitsamt der Schachtel warf die Studentin die Torte auf Oettinger. Dabei "ist der Anzug des Ministerpräsidenten leicht beschmutzt worden", berichtete die Polizei später.

"Ein im Sekundenbereich liegendes zu spätes Eingreifen eines Personenschützers"sei verantwortlich, dass der Wurf nicht verhindert worden ist, erklärte die Stuttgarter Polizei gestern. Vier Personenschützer begleiteten Oettinger. Sie sollen den ganzen Saal im Blick haben, dabei aber nicht zu nahe am Redner stehen, um nicht den letzten Eindruck von Volksnähe zu zerstören. Vor einer solchen Veranstaltung mache man eine "Gefährdungsanalyse", sagte der stellvertretende Präsident des Polizeipräsidiums Stuttgart, Michael Kühner. Gebe es "keine besonderen Gefährdungserkenntnisse", ist das Personenschutzkommando allein für die Sicherheit zuständig. So auch bei diesem Auftritt. Das Team der Schutzkräfte sei ausreichend groß, um im Wechsel den langen Arbeitstag des Ministerpräsidenten begleiten zu können.

Der Oettinger am nächsten stehende Beamte habe die in der ersten Reihe sitzende Frau nicht als Gefährderin eingestuft. Als sie aufstand und mit "einem blitzschnellen Schritt nach rechts" auf die Bühne ging, war es zu spät, um ihr Vorhaben zu unterbinden. Taktische Erkenntnisse aus diesem Vorkommnis könnten sich in der Ausbildung der Personenschützer niederschlagen, deutet Kühner an. Ganz offensichtlich sitzen in der ersten Reihe nicht immer nur Ehrengäste.

Die Tortenwerferin selbst nimmt die Sicherheitskräfte auffallend in Schutz. "Denen kann man keinen Vorwurf machen", sagt sie. Oettinger sei "sehr, sehr gut bewacht worden". Sie habe sich "viel Mühe gegeben, um nicht aufzufallen". Als er den Saal betrat, habe sie keine Chance gehabt, ihren Wurf zu vollführen; ihm "die Torte im Namen der Arbeitslosen, der Ein-Euro-Jobber, der Hartz-IV-Empfänger und der Zwangsarbeiter zu überreichen", wie sie es nennt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen sie wegen Sachbeschädigung und versuchter Körperverletzung. Der Vorwurf der Beleidigung wird nicht weiterverfolgt, weil Oettinger keine Strafanzeige gestellt hat. (...)"

 

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