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Einen Geburtstag möchten wir auch nicht unerwähnt verstreichen lassen. Am 5. Februar 1916 wurde im Züricher Cabaret Voltaire der Dadaismus begründet. Unter dem Titel "Trommeln aus der Tiefe" würdigte ein Alfons Huckebrink im Neuen Deutschland (4.2. 2006) das Ereignis:

"Bis vor wenigen Jahren war der Zutritt zum maroden Gebäude in der Spiegelgasse 1 verbrettert. Ein rechter Schandfleck in der schmuck herausgeputzten Zürcher Altstadt. Ein verwittertes Holzschild erteilte Touristen lapidare Auskunft: »In diesem Haus wurde am 5. Febr. 1916 das Cabaret Voltaire eröffnet und der Dadaismus begründet.« In der Ausgabe vom 15.03.03 berichtete die Neue Zürcher Zeitung erstmals über Pläne des Stadtrats, dort ein Dada-Haus zu eröffnen. Ausgerechnet ein Sponsoring über 1,5 Millionen Franken des Industriellen Nicolas Hayek (Swatch) schien dem jahrzehntelangen Dornröschenschlaf des Dada-Domizils die Erweckung zu bescheren."

Merkwürdigerweise wird über die jüngste Geschichte des Hauses berichtet, ohne auf die Besetzungsaktionen (Dada ist global. Ist Dada auch lokal?) der vergangenen Jahre sowie ihre Bedeutung für die weitere Geschichte des Hauses einzugehen.

Als kurzer Einschub ein WoZ-Zitat:

"Für Aufsehen sorgten vor allem die Aktionen der NeodadaistInnen. Begonnen hatten diese im Februar 2002 mit der Besetzung des legendären Cabaret Vol- taire an der Spiegelgasse 1 im Zürcher Niederdorf. Doch der (Neo-)Dadaismus hat es nicht nur den Kulturjournalist- Innen angetan. Auch die Stadt besann sich inzwischen auf dieses lange vernachlässigte Kapitel Zürcher Kulturgeschichte. Stadtpräsident Elmar Ledergerber will zusammen mit Nicolas Hayeks Swatch AG ab Spätsommer 2004 das Zürcher Dada-Haus am Originalschauplatz eröffnen." (WoZ, 26.2. 2004)


Zur Besetzung selbst, ein Bericht des Tagesanzeigers (7.2. 2002)

Zurück zur Geschichte von vor 90 Jahren und dem ND-Artikel. Die Liste der beteiligten Künstler kann sich sehen lassen:

"Im Kriegswinter 1915/16 ist Zürich das Zentrum von Flüchtlingen, Deserteuren und Pazifisten. Auf sie alle hat die Polizei mehr als ein wachsames Auge. »Ich habe den Herren, die ich persönlich als anständige und begabte Menschen kenne, gerne mein Lokal in Aussicht gestellt«, formuliert Jan Ephraim, Wirt der Bierhalle Meierei, als er im Januar beim Zürcher Polizeivorstand die Genehmigung für ein Brettl-Programm beantragt. »Das Prinzip des Kabaretts soll sein, daß bei den täglichen Zusammenkünften musikalische und rezitatorische Vorträge der als Gäste verkehrenden Künstler stattfinden …«, erläutert Hugo Ball in einer »Pressenotiz«. Dazu zählen die rumänischen Emigranten Marcel Janco und Tristan Tzara, ebenso Hans Arp aus Frankreich. Wenige Tage später stößt aus Deutschland Richard Huelsenbeck dazu. Star dieses Kreises ist hingegen Emmy Hennings, die »Schleswiger Chansonette«. Für seine »Frau und Jüngerin«, die er in einem »Berliner Tingeltangel« kennen gelernt hat, behauptet Walter Mehring in seinen Dada-Erinnerungen, habe Ball das Cabaret Voltaire sogar eigens geschaffen."


Über den Eröffnungsabend und das Publikum als "Kraftquelle" erfahren wir:

"Am überfüllten Eröffnungsabend lässt sich alles recht herkömmlich an. Vorgetragen werden das »Donnerwetterlied« von Frank Wedekind und das »Revoluzzerlied« von Erich Mühsam. Dazu gibt es Gedichte von Christian Morgenstern, Jakob von Hoddis, Else Lasker und Alfred Lichtenstein. Bereits am 26. Februar jedoch notiert Ball in sein Tagebuch: »Ein undefinierbarer Rausch hat sich aller bemächtigt. Das kleine Kabarett droht aus den Fugen zu gehen und wird zum Tummelplatz verrückter Emotionen.« Und Provokationen. Als entscheidender Kraftquell erweist sich dabei ein Publikum, das die Performance der Künstler zu immer gewagteren Posen treibt: »Das Publikum um uns schreit, lacht und schlägt die Hände über dem Kopf zusammen. Wir antworten darauf mit Liebesseufzern, mit Rülpsern, mit Gedichten, mit ›Muh, Muh‹ und ›Miau, Miau‹ mittelalterlicher Bruitisten. Tzara läßt sein Hinterteil hüpfen wie den Bauch einer orientalischen Tänzerin, Janco spielt auf einer unsichtbaren Geige und verneigt sich bis zur Erde, Frau Hennings mit einem Madonnengesicht versucht Spagat.« (Hans Arp, Dadaland)
Verse aus dem »Totentanz« von Hugo Ball erregen mit antimilitaristischer Prägnanz das Misstrauen der Fremdenpolizei in der neutralen Schweiz: »Wir danken dir, wir danken dir, / Herr Kaiser für die Gnade, / daß du uns zum Sterben erkoren hast.« Nachbarn beklagen die Störung ihrer Nachtruhe. Gleichzeitig hausen noch andere Emigranten in der Spiegelgasse."


Und dann war da noch einer, der damit offensichtlich nichts anfangen kann:

"Wenige Schritte weiter aufwärts, im Haus Nr. 14, zieht Lenin mit der Krupskaja am 21. Februar zur Untermiete beim Schuhmacher Kammerer ein. Küchenbenutzung inbegriffen. Er arbeitet an seinem Buch über den Imperialismus. Dem Treiben der künstlerischen Rebellen begegnet er mit völligem Unverständnis. Tagsüber vom Rattern einer nahen Fleischmühle, nachts vom ständigen »Trommeln aus der Tiefe« entnervt, verschließt er die Fenster.
Was wäre gewesen, wenn… Diese personale Konstellation in der buckligen Gasse ist immer wieder Thema literarischer Fiktion. Vor allem Peter Weiss skizziert im zweiten Teil der »Ästhetik des Widerstands« in großartiger Vision ein mögliches Zusammengehen von künstlerischer und politischer Avantgarde: »Hoch oben an der buckligen Gasse, da fand das Planen statt, tief unten, da entlud sich die phantastische Unvernunft.« Resigniert stellt er später fest: »Die Künstler in der Spiegelgasse waren sich ihrer eigentlichen Aufgabe, nämlich die politische Revolution zu ergänzen, ebenso wenig bewusst wie die Politiker, die der Kunst keine umwälzenden Fähigkeiten zutrauen wollten.«


Dadaismus vs. Leninismus?

"Ziellose aller Länder vereinigt euch, singen die Dadaisten. Doch als die Mieter aus der Nr. 14 nur ein Jahr später von St. Petersburg aus die Schlagzeilen der Weltpresse beherrschen, erinnert sich auch Ball an einen »Herrn Ulianow-Lenin vis à vis« und stellt sich die Frage: »Ist der Dadaismus wohl als Zeichen und Geste das Gegenspiel zum Bolschewismus? Stellt er der Destruktion und völligen Berechnung die völlig donquichottische, zweckwidrige und unfaßbare Seite der Welt gegenüber?«"


Fun ist ein Stahlbad und Deine Swatch auch:

"Das Cabaret Voltaire lebt ganze vier Monate lang. Der Besitzer ist mit dem Umsatz nicht zufrieden und kündigt den Künstlern das Lokal. Der Dadaismus als ewig neues Narrenspiel zwischen Chaos und Ordnung, Sinn und Unsinn entwickelt indessen eine ungeheure Strahlkraft und wird von kulturellen Avantgarden wie Situationismus, Fluxus, Pop-Art und Punk aufgesogen. Ob die Urväter des Dadaismus sich tatsächlich im Grabe umgedreht hätten, wie die NZZ mutmaßte, wenn sie der Kunstkumpanei von Swatch und Stadtrat gewahr geworden wären, bleibt dahingestellt. Solcher »Bedenken« ungeachtet wurde im September 2004 das Dada-Kulturzentrum in der Spiegelgasse 1 eröffnet. Darüber, ob der Geist des Dadaismus, der dort am 5. Februar 1916 der kleinen Brettl-Bühne entsprang, wieder eine Heimstatt gefunden hat, können Touristen aus aller Welt jetzt selbst befinden."


PS.
Eine preiswerte Sammlung an Verlautbarungen der Zürcher Dadaisten bietet das Reclam-Bändchen: »Dada Zürich. Texte, Manifestationen, Dokumente« (176 S., geb., 4,60 EUR).

Wir wissen zwar nicht, was dieser - in den Umweltschutz-News angekündigten - da wirklich machen und bevor man für so etwas Geld ausgibt, sollte man sich das nochmals genau anschauen, aber immerhin.

09.03.2006-12.03.2006
Direct Action: Praktische Methoden kreativen Widerstands:
Straßentheater, Kommunikationsguerilla & Co.


Kleine Einführung und viel Ausprobieren: Der "Grundkurs" für alles, was kreative Aktion ausmacht:

* Einführung in verschiedene Aktionsmethoden an Beispielen, Berichten, Fotos und Filmen

* Vertiefungen zu Straßentheater und mehr (je nach Wünschen)

* Trainings, z.B. verstecktes Theater, Mars-TV
Diskussionen zu Inhalten von Aktionen usw.

Veranstaltunsort:
Projektwerkstatt Saasen
Ludwigstr. 11, 35447 Reiskirchen-Saasen
Tel: 06401/90328-3, Fax -5, Funk: 0171/8348430
www.projektwerkstatt.de/saasen

Jaroslav Hašek
"Geschichte der Partei des gemäßigten Fortschritts im Rahmen des Gesetzes"


ParteiAus dem Klappentext:

Jaroslav Hašek ist vor allem aufgrund seiner literarischen Figur des „braven Soldaten Schwejk“ berühmt - weniger bekannt ist er für seine politischen Aktivitäten, sei es als Kommissar der Roten Armee im russischen Bürgerkrieg oder als Gründer und Kandidat einer Spaßpartei mit dem Namen Partei des gemäßigten Fortschritts im Rahmen des Gesetzes.

Hašek - eifriger Kneipenbesucher und berüchtigt für seine ungewöhnlichen Einfälle - gründet 1911 am Biertisch in Prag diese Parodie einer Partei. In seinen „Wahlreden“ karikiert er den politischen Betrieb, stellt das tschechische konservative Bürgertum bloß und kritisiert die Behäbigkeit des sozialdemokratischen Reformismus.

Die Partei des gemäßigten Fortschritts im Rahmen des Gesetzes tritt 1911 tatsächlich zu den Reichstagswahlen an, gewinnt 36 Stimmen und natürlich enorm an Bekanntheitsgrad. Hašek verfasst eine Chronik zur Geschichte der Partei des gemäßigten Fortschritts im Rahmen des Gesetzes. Einzelne Beiträge erschienen zwar in verschiedenen Zeitungen, eine vollständige Zusammenstellung kam erst 1963 zu Stande. Die hier vorliegende Ausgabe beschränkt sich auf jene Texte, die unmittelbar mit Hašeks Spaßpartei zu tun haben.

34 Scherenschnitte von Hans Scheib
Der Berliner Künstler Hans Scheib hat den Text mit expressiven Scherenschnitten illustriert. Insgesamt 34 Arbeiten werden jetzt in einer Ausstellung präsentiert und erwecken die Figuren aus den Texten von Jaroslav Hašek zum Leben.


Im Willy-Brandt-Haus zu Berlin ist bis zum 15.2. noch eine Ausstellung mit den Arbeiten von Scheib zu dem Buch zu sehen.

Jaroslav Hašek, Geschichte der Partei des gemäßigten Fortschritts im Rahmen des Gesetzes, mit Illustrationen von Hans Scheib, Parthas Verlag, 2005, 48,- EURO, ISBN 978-3-86601-310-0

Peter Nowak bilanziert in Telepolis (1.2. 2006) ("Kreativität mit Grenzen") am Ende des Auslaufens, der auch in diesem Blog stark beachteten Imagekampagne "Du bist Deutschland". Dabei formuliert er einen wunden Punkt, der auch die hier vorgestellten Gegenentwürfe betrifft:

"Die Kritiker standen vor dem Dilemma, dass sich jede noch so negative Äußerung doch wieder auf die Kampagne bezieht und sie so bestätigt. "Uns war klar, dass wild über "Du bist Deutschland" diskutiert wird. Wenn dem nicht so gewesen wäre, hätte uns das sehr enttäuscht und das unangenehme Signal vermittelt, dass bei uns in Deutschland alle völlig abgestumpft sind", so Holger Jung."
Insofern bestand oder besteht tatsächlich das Problem, dass auch ein negativer Bezug, die Kampagne unterstützt(e). Die Frage ist nur, inwiefern sich so etwas vermeiden lässt. Vermutlich kommt man aus diesem Dilemma nur inhaltlich heraus, wenn es gelungen wäre tatsächlich relevante Teil der neudeutschen Ideologie ausfindig zu machen, die sich für eine Überidentifizierung eignen. Die meisten Beiträge können hier allerdings kaum bestehen. Schon klar, dass das ein grundsätzlicheres Problem ist und Besserwisserei nicht sonderlich hilfreich ist. Aber thematisieren sollten wir es schon ab und an.

Interview in Malmoe (28/2005) mit den Herausgebern des ersten österreichischen "undergroundigen" Graffiti- und Streetart-Buchses:

SUBVERSIV zeigt unterschiedlichste Varianten der Modifizierung des öffentlichen Raums. Ingo Lauggas hat mit den Herausgebern Nr.23 und Nr.0815 gesprochen:

MALMOE: Wie kommt euer Buch an?

Nr.0815: Sehr gut: Am 23. Juli hatten wir unsere Release-Party, und innerhalb von einem Monat war schon die Hälfte weg. Das ist durchaus als Erfolg zu werten. Es gibt in Österreich trotz der überzogenen Repression sehr viele Newcomer in der Szene, die sich für Graffiti begeistern und sich mit der Materie auseinandersetzen.


Das ganze Interview

" 'I Go Chop Your Dollar' - Nigeria-Connection und Nigeria-Pop" ist der Eintrag im Bankraub-Weblog überschrieben.
Es geht darin um Nigerias Popkultur und ihre Sichtweise auf die Spammer der sogenannten Nigeria-Connection("We are the masters - you're the loosers"). Das ist nun wirklich eine ziemlich witzige Geschichte. Unbedingt den Video mit dem Song "I go chop your Dollar" runterladen (17 MB), denn der knallt wirklich rein! Viel Spaß dabei!

 

twoday.net AGB

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