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Rainer Barthel "sacht" am 6.12. im Kontext des DowChemical-Fakes:

Mich bringt das wieder einmal auf Heinz von Foerster und sein Buch "Die Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners". Die Fakten haben im Zeitalter der entfesselten Medien und der virtuellen Räume ihre Macht verloren. Manipulation ist a) nicht mehr als solche erkennbar und b) nicht mehr auf die Mächtigen beschränkt. Jeder kann Lügen so aufbereiten und verbreiten, dass sie als Fakten wahrgenommen werden. Die Wahrheit ist nur noch dass, was ich mit eigenen Augen gesehen habe ... und selbst das kann manipuliert sein. Es gibt KEIN Medium mehr, dem man vertrauen kann. Die Lüge ist die vorherrschende Form der Kommunikation. Na und? Schlimm?
Nö, und ausserdem gibt es bereits aus der italienischen Praxis dafür eine knappe und treffende Zuspitzung: Falsche Informationen zur Schaffung wahrer Ereignisse"

Stefan Krempl (7.12. 2004) meinte in diesem Zusammenhang:

"Dass sowohl Telepolis wie auch die Süddeutsche der BBC eine "neue" Falschmeldung nach dem Fall Gilligan/Kelly unterjubeln wollen, ist aber wiederum nicht ganz richtig, weil zumindest in diesem Fall rund um die Lügen des Irak-Krieg und die Märchendossiers Blairs die "Tante BBC" näher an der Wahrheit lag als die Spindoktoren der britischen Regierung. "
contributor meinte am 14. Dez, 18:49:
Rezeption des Fake
Der Fake ist allerdings auch interessant im Hinblick auf die medialen 'Verarbeitungsstrategien' (zumindest hier in GB): Der Skandal ist eben nicht, dass Dow nicht dran denkt, einen Pfennig fuer die Bhopal-Opfer zu zahlen, sondern dass die BBC sich reinlegen laesst mangels Einhaltung sog. 'Journalistischer Standards'. Hier schlaegt das Kontrollgesellschaftliche Ueber-Motto zu: 'Content is not important, but you have to stick to the procedures' 
contributor antwortete am 14. Dez, 18:50:
>Hier schlaegt das Kontrollgesellschaftliche Ueber-Motto zu:
>'Content is not important, but you have to stick to the procedures'

Ja, das ist auch so ein Thema: Entscheidend ist nicht die Aussage, sondern wer sie wie macht. Interessanterweise ist mit zunehmender ethischer Aufladung der Diskurse der Macht (Srebrenica-Auschwitz, Peacekeeping-Kriege) bei gleichzeitiger offensichtlicher Ethikfreiheit der realen Politik (Intervention hier, herausgekehrter Pazifismus dort) die öffentliche Erwartungshaltung stark an die verkündende Instanz gerichtet. Akzeptabel ist im Grunde jede Stellungnahme, solange sie von den richtigen Bedenkenträgern
(hier: BBC) mit der richtigen Schablone begründet wird.

Es scheint vor diesem Hintergrund ganz so, als entscheide im öffentlichen Diskurs in erster Linie die "Stimmigkeit" einer Inszenierung deren "Wahrheit" bzw. Wirkmächtigkeit, gerade so, als sei die Realität in erster Linie eine ästhetische Konstruktion und die Öffentlichkeit bilde die Jury, die deren formale Qualität beurteilt. So verbirgt sich das Unbehagen an der Bhopal-Erinnerung wohltuend inter dem Wettstreit zwischen der offiziellen Kommunikation und ihrer Guerilla.

So stellt es sich zumindest dar, solange es um internationale Politik geht; anders sieht es erst aus, wenn es nach Innen geht, wo die eigene Betroffenheit sich in das Spiel ethischer Chiffren einmischt.

Trotzdem, die Aktion war intelligent und auf ihre Art erfolgreich, scheint es mir. 
contributor antwortete am 14. Dez, 18:53:
Eine ähnliche Haltung gibt es auch hier. Es gibt zahlreiche Meldungen, die nur von Betrug und BBC-Krise sprechen. Vgl. auch Süddeutsche Zeitung (jeweils ein bisschen scrollen: http://kommunikationsguerilla.twoday.net/stories/430636/) und Spiegel Online http://kommunikationsguerilla.twoday.net/stories/431401/.
Was mich dabei interessiert ist, ob das wirklich so kontrollgesellschaftlich zu interpretieren ist, wie Deine Argumentation nahelegt, wofür einiges sprechen könnte, oder aber ob es nicht auch schlicht Unverständnis, Komplexität usw. sind, die ein tieferes Vordringen verunmöglicht. Ein anderer Punkt ist der ganze Medienethiksermon. Die stellen sich dabei m.E. auf den Standpunkt, dass nicht rechtmässig erhobene Fakten im Verfahren nicht zählen.

Aber, brillant ist doch das gefakte Dementi, nicht wahr! 
 

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