Ein interessanter, aber auch bezeichnender Artikel (6.11. 2004) über einen zunehmenden Rückgriff auf Taktiken der "Kommunikationsguerilla von rechts" in den USA von LFO DEMON (Berlin) findet sich auf der Raggacore-Webseite.
Der Artikel verweist auf drei unterschiedliche Formen der Aneignung von KG-Techniken durch die Rechte in den USA und analysiert deren Gebrauch. Bis dahin ist der Text überaus informativ.
Allerdings ist der Tenor des Textes genau jener Subkultur-Denke verhaftet, die sich immer wieder abzugrenzen versucht, Grenzen zieht, ihr Terrain verteidigt und schließlich ihr bisheriges Lebenswerk entwertet sieht. Besonders deutlich macht das das Fazit der Darstellung:
"Die dargestellten Beispiele stellen nur einen kleine Ausschnitt der Fülle neuer, rechter Strategien dar.
Auf unterschiedlichen Ebenen kopieren heute rechte Gruppen kreative Taktiken, die früher nur von Linken benutzt wurden. Ebenso werden auch ehemals linke "Lifestyles" oder Codes umgedeutet wie das Beispiel der "konservativen Punks" in den USA zeigt [4].
Wenn auch mit Unterschieden zu den hier aufgezeigten Beispielen, gibt es in Deutschland die Übernahme einst linker Symbolik bzw. Organisierungsformen (Palituch, Che Guevara, Antifa-Logo und schwarzer Block) durch organisierte Nazis [5].
Was früher meist von Punkern und Autonomen ausging, die sich über das System und Politik als solches lustig machten, wird heute völlig systemkonform als Waffe gegen vermeintlich "Linke" benutzt. Subversiv ist das ganze in keinster Weise mehr- jegliches in Frage stellen des Systems wird vermieden; Aktionen werden als reiner Medienzirkus initiiert. Einen emanzipatorischen Hintergrund gibt es nicht. Sinnfrei entleert von jeglichem theoretischen Hintergrund geht es nur darum Spaß zu haben, indem man sich über den politischen Gegner lustig macht.
Der konservative Backlash hat gerade erst begonnen..."
Es ist eben nicht (mehr?) so, dass es gesicherte Zeichenbestände oder gar Werkzeuge des politischen Handelns gibt, die einen automatisch auf die Seite der Guten und Kreativen stellt. Die Ideologiekritik versucht das zwar immer noch zu suggerieren und sucht ständig nach jenem Punkt außerhalb des Systems, von dem sich dasselbe aushebeln lässt und man selbst auf der richtigen Seite steht. Das ist aber vergebenen Liebesmühe. Oder in Abwandlung eine bekannten Bonmots der Herren Adorno/Horkheimer: Es gibt kein sicheres Leben im Falschen.
Eine Technik und Vorgehensweise ist nicht per se richtig oder gut. Sie muss im jeweiligen Kontext und Zeitpunkt Sinn machen oder eine bestimmte emanzipatorische Funktion erfüllen. Das Problem sind also nicht so sehr die Rechten, die sind auf der Höhe der Zeit. Das Problem ist die Subkultur, die Lifestyle mit bestimmten Handlungsweisen fest verknoten will und dann immer wieder als Hase mit ansehen muss, dass der Igel ("das System"?) vor ihm oder zeitgleich angekommen ist . That's the way life is ...
Vgl. a. autonome a.f.r.i.ka. gruppe: Subkultur - Subversion - Supervision?
Der Artikel verweist auf drei unterschiedliche Formen der Aneignung von KG-Techniken durch die Rechte in den USA und analysiert deren Gebrauch. Bis dahin ist der Text überaus informativ.
Allerdings ist der Tenor des Textes genau jener Subkultur-Denke verhaftet, die sich immer wieder abzugrenzen versucht, Grenzen zieht, ihr Terrain verteidigt und schließlich ihr bisheriges Lebenswerk entwertet sieht. Besonders deutlich macht das das Fazit der Darstellung:
"Die dargestellten Beispiele stellen nur einen kleine Ausschnitt der Fülle neuer, rechter Strategien dar.
Auf unterschiedlichen Ebenen kopieren heute rechte Gruppen kreative Taktiken, die früher nur von Linken benutzt wurden. Ebenso werden auch ehemals linke "Lifestyles" oder Codes umgedeutet wie das Beispiel der "konservativen Punks" in den USA zeigt [4].
Wenn auch mit Unterschieden zu den hier aufgezeigten Beispielen, gibt es in Deutschland die Übernahme einst linker Symbolik bzw. Organisierungsformen (Palituch, Che Guevara, Antifa-Logo und schwarzer Block) durch organisierte Nazis [5].
Was früher meist von Punkern und Autonomen ausging, die sich über das System und Politik als solches lustig machten, wird heute völlig systemkonform als Waffe gegen vermeintlich "Linke" benutzt. Subversiv ist das ganze in keinster Weise mehr- jegliches in Frage stellen des Systems wird vermieden; Aktionen werden als reiner Medienzirkus initiiert. Einen emanzipatorischen Hintergrund gibt es nicht. Sinnfrei entleert von jeglichem theoretischen Hintergrund geht es nur darum Spaß zu haben, indem man sich über den politischen Gegner lustig macht.
Der konservative Backlash hat gerade erst begonnen..."
Es ist eben nicht (mehr?) so, dass es gesicherte Zeichenbestände oder gar Werkzeuge des politischen Handelns gibt, die einen automatisch auf die Seite der Guten und Kreativen stellt. Die Ideologiekritik versucht das zwar immer noch zu suggerieren und sucht ständig nach jenem Punkt außerhalb des Systems, von dem sich dasselbe aushebeln lässt und man selbst auf der richtigen Seite steht. Das ist aber vergebenen Liebesmühe. Oder in Abwandlung eine bekannten Bonmots der Herren Adorno/Horkheimer: Es gibt kein sicheres Leben im Falschen.
Eine Technik und Vorgehensweise ist nicht per se richtig oder gut. Sie muss im jeweiligen Kontext und Zeitpunkt Sinn machen oder eine bestimmte emanzipatorische Funktion erfüllen. Das Problem sind also nicht so sehr die Rechten, die sind auf der Höhe der Zeit. Das Problem ist die Subkultur, die Lifestyle mit bestimmten Handlungsweisen fest verknoten will und dann immer wieder als Hase mit ansehen muss, dass der Igel ("das System"?) vor ihm oder zeitgleich angekommen ist . That's the way life is ...
Vgl. a. autonome a.f.r.i.ka. gruppe: Subkultur - Subversion - Supervision?
kg2u - am Samstag, 18. Dezember 2004, 23:36 - Rubrik: Theorie der Kommunikationsguerilla
Eine Torte ist nachzutragen. Getroffen hat es am 20.11. 2004 beim KPÖ-Parteitag den Parteivorsitzenden Walter Baier, der als einer der Hauptverantwortlichen dafür gilt, dass das in KPÖ-Eigentum sich befindliche Ernst-Kirchweger-Haus (EKH) auf grund der finanziellen Schwierigkeiten, in der sich die österreichischen Kommunisten befinden, an eine dubiose Immobilienfirma verkauft wurde.
Hier die Aktionserklärung der "solidarischen Zuckerbäcker":
"Lenins Arsch ist fruchtbar noch, aus dem nach Stalin Baier kroch!
Die "Opposition für ein solidarisches Europa" lud für den 20. November 2004 zur Arbeitstagung in den SeniorInnenraum des WUK und es kamen vorwiegend Mitglieder und FunktionärInnen der KapitalistischenParteiÖsterreichs (KPÖ).
Wenn Leute, die das EKH an XXXXX [Rechtsextreme; aus rechtlichen Gründen korrigiert; Anm.] verkaufen, um mit wirklich allen Mitteln ihre Parteistrukturen aufrechtzuerhalten über Antikapitalismus und Solidarität reden, können wir in unserer Backstube das nicht tatenlos hinnehmen. Wir, die keine BewohnerInnen des EKH sind, mussten handeln. Daher haben wir beschlossen, Walter Baier stellvertretend für die Zerstörer linker Strukturen mit einer Torte das Leben zu versüßen.
Die solidarischen ZuckerbäckerInnen"
Hier ein Bericht von der Aktion, von der Webseite "EKH bleibt":
"Die solidarischen ZuckerbäckerInnen, Menschen mit guten Manieren aus guter Kinderstube, hatten freilich, wie sich das bei Einladungen so gehört, nicht vergessen auch Gastgeschenke mitzubringen. Wir machten das, was wir aufgrund unserer Profession am besten können; zwei herrliche Schwarzwälderkirschcreme-Torten, vegan, aus biologischen Zutaten, mit einem kräftigen Schuss herben Tonic’s. Wir sind nämlich nicht nur begnadete MeisterbäckerInnen, sondern auch hinsichtlich der Ernährungslehre absolut auf der höher der Zeit, wir sparten also sehr mit dem Zucker, den auch biologischer Zucker würde die wackeligen Zähnchen der KPlerInnen faulen lassen und das herb-bittere Bukett unserer Spezialität nach spanischem Rezept beeinträchtigen . Die zu Beschenkenden wollten aber partout nicht aus dem SeniorInnenraum, was angesichts der grindigen Kälte dazu führte, dass die zarten Bäckerhändchen steif und gefühllos wurden. Schließlich dürfte Walter Baier das nur Allzumenschliche überkommen haben, der unhaltbare Drang aufs Klo.
Nun geschah das unsagbare, der Tolpatsch von Zuckerbäcker näherte sich hinter einem Transpi mit der Aufschrift „Eigentum ist Diebstahl“ Walter Baier und wuuuschhh, wie konnte das geschehen? Die Torte landete mitten in Walter Baiers Gesicht! Der vor Scham geschwärzte Zuckerbäcker suchte das Weite. Zunächst geschah einmal gar nichts, es schien so als wären die anwesenden LINKEN starr vor Schreck bis auf den Ruf: „Seids es wahsinnig!!!! Walter Baier verschwand stumm in SeniorInnenraum ! Mensch stelle sich mal vor! Walter Baier ist der erste Parteivorsitzende in der 85jährigen Parteigeschichte der KPÖ, der getortet wurde, und das vor dem 33. Parteitag. Da wären ja selbst Franz Muhri, Lenin habe in selig, Hammer und Sichel obe gfoin! Ein/e SchelmIn wer da an Hump Dump Hilmar Kabas denkt! Aber wie schon eine alte Weisheit des werktätigen Volkes zu berichten weiß: Ein Unglück kommt selten allein. Einige Minuten später, der große Vorsitzende ist gerade zur Selbstreinigung angetreten, da rotieren ja Lenin und Stalin in ihrem Mausoleum, GenossIn Krieglstein verlässt ebenfalls das SeniorInnenkabinett, und wieder, ein weiterer Zuckerbäcker schickt sich zum Servieren an, und platschhhh! BäckerInnen sind nun mal keine KellnerInnen, wos soi ma mochn! So wurde auch Claudia Kriegelsteins Blick auf das Wesentliche sahnig-herb getrübt, und, ein Kolateralschaden gewissermaßen, der ruppige Genosse mit Schlapphut hat auch etwas abgekriegt. "
Nun gibt es auch noch zur Schande der KPÖ ein Video von der Aktion
Weitere innerlinke Diskussionen finden sich beim Tatblatt
Die üblichen Indymedia-Diskussionen plus Video
Hier die Aktionserklärung der "solidarischen Zuckerbäcker":
"Lenins Arsch ist fruchtbar noch, aus dem nach Stalin Baier kroch!
Die "Opposition für ein solidarisches Europa" lud für den 20. November 2004 zur Arbeitstagung in den SeniorInnenraum des WUK und es kamen vorwiegend Mitglieder und FunktionärInnen der KapitalistischenParteiÖsterreichs (KPÖ).
Wenn Leute, die das EKH an XXXXX [Rechtsextreme; aus rechtlichen Gründen korrigiert; Anm.] verkaufen, um mit wirklich allen Mitteln ihre Parteistrukturen aufrechtzuerhalten über Antikapitalismus und Solidarität reden, können wir in unserer Backstube das nicht tatenlos hinnehmen. Wir, die keine BewohnerInnen des EKH sind, mussten handeln. Daher haben wir beschlossen, Walter Baier stellvertretend für die Zerstörer linker Strukturen mit einer Torte das Leben zu versüßen.
Die solidarischen ZuckerbäckerInnen"
Hier ein Bericht von der Aktion, von der Webseite "EKH bleibt":
"Die solidarischen ZuckerbäckerInnen, Menschen mit guten Manieren aus guter Kinderstube, hatten freilich, wie sich das bei Einladungen so gehört, nicht vergessen auch Gastgeschenke mitzubringen. Wir machten das, was wir aufgrund unserer Profession am besten können; zwei herrliche Schwarzwälderkirschcreme-Torten, vegan, aus biologischen Zutaten, mit einem kräftigen Schuss herben Tonic’s. Wir sind nämlich nicht nur begnadete MeisterbäckerInnen, sondern auch hinsichtlich der Ernährungslehre absolut auf der höher der Zeit, wir sparten also sehr mit dem Zucker, den auch biologischer Zucker würde die wackeligen Zähnchen der KPlerInnen faulen lassen und das herb-bittere Bukett unserer Spezialität nach spanischem Rezept beeinträchtigen . Die zu Beschenkenden wollten aber partout nicht aus dem SeniorInnenraum, was angesichts der grindigen Kälte dazu führte, dass die zarten Bäckerhändchen steif und gefühllos wurden. Schließlich dürfte Walter Baier das nur Allzumenschliche überkommen haben, der unhaltbare Drang aufs Klo.
Nun geschah das unsagbare, der Tolpatsch von Zuckerbäcker näherte sich hinter einem Transpi mit der Aufschrift „Eigentum ist Diebstahl“ Walter Baier und wuuuschhh, wie konnte das geschehen? Die Torte landete mitten in Walter Baiers Gesicht! Der vor Scham geschwärzte Zuckerbäcker suchte das Weite. Zunächst geschah einmal gar nichts, es schien so als wären die anwesenden LINKEN starr vor Schreck bis auf den Ruf: „Seids es wahsinnig!!!! Walter Baier verschwand stumm in SeniorInnenraum ! Mensch stelle sich mal vor! Walter Baier ist der erste Parteivorsitzende in der 85jährigen Parteigeschichte der KPÖ, der getortet wurde, und das vor dem 33. Parteitag. Da wären ja selbst Franz Muhri, Lenin habe in selig, Hammer und Sichel obe gfoin! Ein/e SchelmIn wer da an Hump Dump Hilmar Kabas denkt! Aber wie schon eine alte Weisheit des werktätigen Volkes zu berichten weiß: Ein Unglück kommt selten allein. Einige Minuten später, der große Vorsitzende ist gerade zur Selbstreinigung angetreten, da rotieren ja Lenin und Stalin in ihrem Mausoleum, GenossIn Krieglstein verlässt ebenfalls das SeniorInnenkabinett, und wieder, ein weiterer Zuckerbäcker schickt sich zum Servieren an, und platschhhh! BäckerInnen sind nun mal keine KellnerInnen, wos soi ma mochn! So wurde auch Claudia Kriegelsteins Blick auf das Wesentliche sahnig-herb getrübt, und, ein Kolateralschaden gewissermaßen, der ruppige Genosse mit Schlapphut hat auch etwas abgekriegt. "
Nun gibt es auch noch zur Schande der KPÖ ein Video von der Aktion
Weitere innerlinke Diskussionen finden sich beim Tatblatt
Die üblichen Indymedia-Diskussionen plus Video
kg2u - am Samstag, 18. Dezember 2004, 23:05 - Rubrik: Torten - Pies - Tarts
noch kein Kommentar - Kommentar verfassen
Ein neuer Heiliger erobert Italien
Matthias Zucchi in "Ossietzky - Zweiwochenschrift für Politik, Kultur und Wirtschaft" ( 23/2004)
Er offenbart sich in Supermärkten und Nobelrestaurants, erscheint den Gläubigen in öffentlichen Verkehrsmitteln und leerstehenden Mietshäusern. Er prophe-zeit die Speisung der Armen, kostenlose Personenbeförderung und billigen Wohnraum für alle: San Precario erobert die Herzen der Italiener. Der Hl. Preka-rius (von it. precario = vorläufig, ohne Garantie), Märtyrer der Flexibilität, ist zum Schutzpatron aller Menschen ohne soziale Sicherheiten erhoben worden. Arbeitslose verehren ihn ebenso wie befristet Eingestellte, Billigentlohnte, werdende Mütter, Wohnungssuchende und Asylbewerber.
Am 6. November hat die erste landesweite Wallfahrt stattgefunden, zu der sich mehrere tausend Pilger in Rom zu-sammenfanden. Dabei ereignete sich das erste Prekarius-Wunder: Keiner der aus allen Landesteilen per Bahn angereisten Frommen brauchte einen Fahrausweis – zähneknirschend hat TrenItalia ihre Bußgelddrohung gegen die organisierten Freifahrer zurückgezogen. In Rom kam es auf Geheiß des Heiligen zu »Gratiseinkäufen«, die nun allerdings strafrechtlich verfolgt werden. Gegen prominente Vertreter der beteiligten New-Globals und der Arbeitslosenbewegung ist Anzeige erstattet worden.
Doch der Staatsschutz schreckt die Precario-Gemeinde nicht. In Berlusco-nien gewinnt der Kult täglich neue An-hänger, speziell aus der verarmenden Mittelklasse. Denn für einen Großteil der italienischen Familien ist der Alltag zu einem Existenzkampf geworden. In einem Land mit traditionell niedrigem Lohnniveau (etwa 50 bis 70 Prozent des deutschen Durchschnitts, Manager- und Politikergehälter ausgenommen) hat die mit der Einführung des Euro begonnene Angleichung der europäischen Verbrau-cherpreise schreckliche Folgen, die sich durch die Liberalisierung des Woh-nungsmarktes noch verschlimmern. In Durchschnittshaushalten geht mittler-weile über die Hälfte der Einkünfte für die Kaltmiete drauf. Bei Genußmitteln, Reisen, Bekleidung und selbst bei Grundnahrungsmitteln ist der Konsum stark rückläufig. Armut wird vor allem für die vielen alten Menschen, die mit 600 Euro Rente im Monat auskommen müssen, zum Normalzustand. Im ganzen Land verzeichnen die Armenküchen re-gen Zulauf. Die jungen Leute haben an-gesichts systematischer Aufweichung von Arbeitnehmerrechten und Tarifab-kommen kaum noch Mut zu Zukunfts-plänen. Wer hier nicht zum oberen Viertel gehört, hat nur noch eine Hoffnung: Er betet zu Sankt Prekarius, das soll gegen Liberalismus helfen.
Der inoffizielle Heiligenkalender ver-merkt ihn übrigens am 29. Februar.
Matthias Zucchi in "Ossietzky - Zweiwochenschrift für Politik, Kultur und Wirtschaft" ( 23/2004)
Er offenbart sich in Supermärkten und Nobelrestaurants, erscheint den Gläubigen in öffentlichen Verkehrsmitteln und leerstehenden Mietshäusern. Er prophe-zeit die Speisung der Armen, kostenlose Personenbeförderung und billigen Wohnraum für alle: San Precario erobert die Herzen der Italiener. Der Hl. Preka-rius (von it. precario = vorläufig, ohne Garantie), Märtyrer der Flexibilität, ist zum Schutzpatron aller Menschen ohne soziale Sicherheiten erhoben worden. Arbeitslose verehren ihn ebenso wie befristet Eingestellte, Billigentlohnte, werdende Mütter, Wohnungssuchende und Asylbewerber.
Am 6. November hat die erste landesweite Wallfahrt stattgefunden, zu der sich mehrere tausend Pilger in Rom zu-sammenfanden. Dabei ereignete sich das erste Prekarius-Wunder: Keiner der aus allen Landesteilen per Bahn angereisten Frommen brauchte einen Fahrausweis – zähneknirschend hat TrenItalia ihre Bußgelddrohung gegen die organisierten Freifahrer zurückgezogen. In Rom kam es auf Geheiß des Heiligen zu »Gratiseinkäufen«, die nun allerdings strafrechtlich verfolgt werden. Gegen prominente Vertreter der beteiligten New-Globals und der Arbeitslosenbewegung ist Anzeige erstattet worden.
Doch der Staatsschutz schreckt die Precario-Gemeinde nicht. In Berlusco-nien gewinnt der Kult täglich neue An-hänger, speziell aus der verarmenden Mittelklasse. Denn für einen Großteil der italienischen Familien ist der Alltag zu einem Existenzkampf geworden. In einem Land mit traditionell niedrigem Lohnniveau (etwa 50 bis 70 Prozent des deutschen Durchschnitts, Manager- und Politikergehälter ausgenommen) hat die mit der Einführung des Euro begonnene Angleichung der europäischen Verbrau-cherpreise schreckliche Folgen, die sich durch die Liberalisierung des Woh-nungsmarktes noch verschlimmern. In Durchschnittshaushalten geht mittler-weile über die Hälfte der Einkünfte für die Kaltmiete drauf. Bei Genußmitteln, Reisen, Bekleidung und selbst bei Grundnahrungsmitteln ist der Konsum stark rückläufig. Armut wird vor allem für die vielen alten Menschen, die mit 600 Euro Rente im Monat auskommen müssen, zum Normalzustand. Im ganzen Land verzeichnen die Armenküchen re-gen Zulauf. Die jungen Leute haben an-gesichts systematischer Aufweichung von Arbeitnehmerrechten und Tarifab-kommen kaum noch Mut zu Zukunfts-plänen. Wer hier nicht zum oberen Viertel gehört, hat nur noch eine Hoffnung: Er betet zu Sankt Prekarius, das soll gegen Liberalismus helfen.
Der inoffizielle Heiligenkalender ver-merkt ihn übrigens am 29. Februar.
contributor - am Samstag, 18. Dezember 2004, 12:24 - Rubrik: Subversive Affirmation
noch kein Kommentar - Kommentar verfassen
haben die französische Version von Adbusters, les "Brigades Anti-Pub" (BAP).
Auf ihren Webseiten findet sich eine Galerie, in der eine Rubrik auch "Detournements" enthält.
PS. Auf Indymedia gibt es eine Fotostrecke über eine Berliner Aktion. Na ja ...
Auf ihren Webseiten findet sich eine Galerie, in der eine Rubrik auch "Detournements" enthält. PS. Auf Indymedia gibt es eine Fotostrecke über eine Berliner Aktion. Na ja ...
contributor - am Samstag, 18. Dezember 2004, 11:53 - Rubrik: Subvertising
noch kein Kommentar - Kommentar verfassen