Auf der Mailingliste "Rohrpost" (und nun auch in diesem Blog) gärt es. Der Grund ist der Katalog der Ausstellung "Just do it!" aus dem Linzer Lentos-Museum. Der Katalog wurde bereits Ende Februar veröffentlicht und ist nun wohl auch in Berlin, dem scheinbaren Nabel allen subversiven Kunstschaffens, angekommen. Während die Ausstellung im Linzer Lentos Museum eher demonstrierte, wie fad es sein kann, wenn Subversives im Museum präsentiert wird, fängt der Katalog an Spaß zu machen.
Der Katalog hat insofern ein ungewöhnliches Aussehen, als das Buch in Form eines Totenkopfes, also dem Markenzeichen der Piraten, zugeschnitten ist.
Schon allein das hätte unsere Kunst- und ZeichendeutungsspezialistInnen misstrauisch werden lassen müssen. Um es vorwegzunehmen. Der gesamte Text des Katalogs ist "geklaut" und ein Zusammenschnitt diverser einschlägiger Texte (u.a. auch von der autonomen a.f.r.i.k.a. gruppe).
Der nun einsetzende Debatte um den Katalog ist ein Beispiel dafür was passiert, wenn Culture Jamming auf die Produkte und Marken der Szene angewendet wird. Während das Adbustern im Museum nichts oder nur wenig in Bewegung setzt, lässt sich der Kunstbetrieb damit offenbar prima aufmischen.
1. Angefangen hat alles mit einer Bemerkung von Andreas Broeckmann und der Frage nach der Herkunft der Katalogtexte:
dann sollte man die herren kuratoren unbedingt mal fragen, wo die texte im reader genau herkommen, bzw. wer sie geschrieben hat. und wer sie sich im sinne eines 'just do it!' angeeignet hat.
2. Ein Markenzeichen namens Florian Cramer" recherchiert:
"Genauer gesagt, handelt es sich um Texte von Inke Arns, die ohne Autorinnen- und Quellenangabe und gleich kapitelweise - über mehr als zwanzig Seiten am Stück - in den (kommerziell vertriebenen) Katalog "appropriiert" wurden.
und er riecht, dass dies irgendwie mit "Culture Jamming" zusammenhängt:
Die Kuratoren zeigen auf diese Weise höchst raffiniert die dialektische Kehrseite des "culture jamming" auf: Ausbeutung fremder Arbeit zur Beförderung der eigenen Karriere. "Just Do It" ist wirklich ein schöner Titel für ihr Projekt.
3. Jetzt wird erstmal gesucht und gelesen. Und dann geht es zur Sache: Kuratoren gegen Kuratoren. Inke Arns schreibt einen Offenen Brief (der in diesem Blog in voller Länge hineingestellt wurde). Darin heisst es u.a.
"Anlaesslich der Ausstellung "Just do it - Die Subversion der Zeichen von Marcel Duchamp bis Prada Meinhof" im Lentos Museum in Linz, Oesterreich, haben die drei Kuratoren Thomas Edlinger, Florian Waldvogel und Raimar Stange einen Katalog produziert, der aus - teils sehr langen - Passagen von Texten verschiedener AutorInnen besteht. Die Urheber wurden weder um Erlaubnis zum (Wieder-)Abdruck gefragt, noch sind die Texte namentlich gekennzeichnet, d.h. einzelnen AutorInnen zuzuordnen. Der Katalog scheint so aus einem einzigen zusammenhaengenden Text zu bestehen, der keine Textgrenzen mehr erkennen laesst.
Generell handelt es sich hierbei um ein Missverständnis und Missbrauch der Konzepte des "Culture Jamming", "Appropriation" und "Subversion von Zeichen". Bei diesen Praktiken geht es nicht um einen Freibrief zur kostenlosen Selbstbedienung bei KollegInnen, sondern - v.a. im netzaktivistischen Bereich - um eine Strategie
der Entwendung von Zeichen (z.B. Markennamen, CIs, Logos) zwecks Unterwanderung der Autoritaet grosser Korporationen. Es geht um die kritische, künstlerische Verfremdung und Wiederaneignung herrschender Codes, nicht um unkritisches
postmodernes Recycling und auch nicht um Arbeitseinsparungen für Kuratoren und Kritiker, die sich sowenig Mühe wie möglich machen wollen."
Nun bedient sich ein mehr oder weniger etabliertes Museum dieser Techniken und mischt diejenigen auf, die mittels entsprechenden Themen noch gerne in diese Institutionen hinein wollen. Der Tenor der Diskussion jedenfalls geht in die Richtung, die einen sind böse, weil das Buch kommerziell vertrieben wird (ja wir wissen alle, mit solchen büchern verdienen wir Millionen ... und edition selene erst, auch böse). Da haben wir ihn wieder: diesen deutschen Affekt, das Böse ist immer und überall: komerziell.
Und dann ist da noch die Konkurrenz und die Behauptung, dass die Herausgeber und Kuratoren mit den geklauten Texten Karriere machen wollen. Immer noch Arns....
"Bei Just do it scheint es sich jedoch nicht um ein Missverstaendnis aus Unwissenheit zu handeln, sondern um eine bewusste karrieristische Verschleierungsstrategie."
Tja, wieder nicht zitiert worden. Wieder ein Baustein weniger in der eigenen Kuratoren- und Künstlerbiographie (Wie heißt es doch so schön oder ähnlich: "Ich möchte Teil einer Widerstandsbewegung sein ...").
4. Das Markenzeichen Florian Cramer, dem ebenfalls übel mitgespielt wurde, tritt darauf hin auf den Plan und es outet sich Florian Cramer in einer weiteren Stellungnahme ebenfalls als "Kurator" ("Die kuratorische Rhetorik vom Widerstand") mit einer verzweifelten Satire. Er hat bemerkt, dass es uncool ist, was er da schreibt und bejammert. Aber er weiss ja zu bluffen und weiss auch welche Autoren er heranziehen muss, um auf der Seite der Guten zu bleiben:
"Die Situationisten entwickelten eine Methode der permanenten Entfremdung von gesellschaftlichen Konventionen. Was ich, wie man sieht, noch viel besser kann. Die Situationisten suchten nach Rissen innerhalb der Gesellschaft, die sie mit Satire, Bluffs, Provokationen und Gewalt vergrößern wollten. Satire und Provokationen sind zwar nicht so mein Ding, bluffen kann ich aber ganz gut und Gewalt übe ich lieber diskursiv aus. Manchmal packt mich der Kasernenhofton, und ich schwadroniere vom situationistischen "Vollstreckungsbefehl an die Wirklichkeit". Doch was ich eigentlich sagen will, ist: Stangen aller Edlinger, waldvögelt Euch ins Knie!"
Wir haben gelernt, dass Culture Jamming gegen Big Business im Museum für den Oarsch ist. Doch mit diesem Museumskatalog wird der Kunstbetrieb auf seinem eigenen Feld und mit den ihm adäquaten Mitteln angegriffen. Vorführen tut sich der Laden nun selbst (Man muss nur die absurden rechtlichen Tips und Ratschläge auf der Mailingliste anschauen, da schlägt das Herz eines jeden Kommunikationsguerilleros - bessere Vorlagen aus der deutschen Buchhalterseele kann doch niemand liefern - und das zeigt welch verheerende Auswirkungen die flächendeckende Einrichtung von Kulturmanagementstudiengängen nach sich zieht). Der Lentos-Katalog führt auf eindrückliche Weise vor, dass es dem Künstler-Culture-Jamming nicht um Widerstand gegen was auch immer geht, sondern um das je eigene Markenzeichen, das ist auch weder wirklich verwerflich oder auch moralisch schlecht. Nur hören würden wir es ab und zu ganz gerne, damit es weniger oft vorkommt, dass wir uns dabei ertappen, wenn wir Kunst mit Widerstand verwechseln, anstatt künstlerische Mittel zum Widerstand einzusetzen..
Glückwunsch Edlinger, Waldvogel und Stange - Wir sind ein bisserl neidisch ....
PS. Zur Ehrenrettung der Rohrpost-Liste müssen wir dann doch noch den Johannes-Auer-Vorschlag nachreichen:
"koennte es nicht vielleicht sein, dass ihr mit eurer reaktion genau in die strategie der initiatoren spielt (sozusagen "arns" und "cramer" als marke verstanden mit den theoretischen texten als markenzeichen. protest erwuenscht und kalkuliert...)
anderer vorschlag: bezeichnet euch in euren cv's ab sofort als die kuratoren dieser ausstellung, schickt ein paar gepflegte kuratorische statements durch die listen, plagiiert die museums-/verlags-seite, natuerlich mit euch als kuratoren, gebt am besten den katalog noch einmal unter eurem namen heraus (ist machbar...)...
und irgendwann spaeter kann man vielleicht mal ueber "just do it" zu seinen bedigungen diskutieren (da gibt es ein, zwei aspekte, die ich nicht uninteressant finde...)"
Aber danach geht's grad so weiter - ....
Der Katalog hat insofern ein ungewöhnliches Aussehen, als das Buch in Form eines Totenkopfes, also dem Markenzeichen der Piraten, zugeschnitten ist.
Schon allein das hätte unsere Kunst- und ZeichendeutungsspezialistInnen misstrauisch werden lassen müssen. Um es vorwegzunehmen. Der gesamte Text des Katalogs ist "geklaut" und ein Zusammenschnitt diverser einschlägiger Texte (u.a. auch von der autonomen a.f.r.i.k.a. gruppe).
Der nun einsetzende Debatte um den Katalog ist ein Beispiel dafür was passiert, wenn Culture Jamming auf die Produkte und Marken der Szene angewendet wird. Während das Adbustern im Museum nichts oder nur wenig in Bewegung setzt, lässt sich der Kunstbetrieb damit offenbar prima aufmischen.
1. Angefangen hat alles mit einer Bemerkung von Andreas Broeckmann und der Frage nach der Herkunft der Katalogtexte:
dann sollte man die herren kuratoren unbedingt mal fragen, wo die texte im reader genau herkommen, bzw. wer sie geschrieben hat. und wer sie sich im sinne eines 'just do it!' angeeignet hat.
2. Ein Markenzeichen namens Florian Cramer" recherchiert:
"Genauer gesagt, handelt es sich um Texte von Inke Arns, die ohne Autorinnen- und Quellenangabe und gleich kapitelweise - über mehr als zwanzig Seiten am Stück - in den (kommerziell vertriebenen) Katalog "appropriiert" wurden.
und er riecht, dass dies irgendwie mit "Culture Jamming" zusammenhängt:
Die Kuratoren zeigen auf diese Weise höchst raffiniert die dialektische Kehrseite des "culture jamming" auf: Ausbeutung fremder Arbeit zur Beförderung der eigenen Karriere. "Just Do It" ist wirklich ein schöner Titel für ihr Projekt.
3. Jetzt wird erstmal gesucht und gelesen. Und dann geht es zur Sache: Kuratoren gegen Kuratoren. Inke Arns schreibt einen Offenen Brief (der in diesem Blog in voller Länge hineingestellt wurde). Darin heisst es u.a.
"Anlaesslich der Ausstellung "Just do it - Die Subversion der Zeichen von Marcel Duchamp bis Prada Meinhof" im Lentos Museum in Linz, Oesterreich, haben die drei Kuratoren Thomas Edlinger, Florian Waldvogel und Raimar Stange einen Katalog produziert, der aus - teils sehr langen - Passagen von Texten verschiedener AutorInnen besteht. Die Urheber wurden weder um Erlaubnis zum (Wieder-)Abdruck gefragt, noch sind die Texte namentlich gekennzeichnet, d.h. einzelnen AutorInnen zuzuordnen. Der Katalog scheint so aus einem einzigen zusammenhaengenden Text zu bestehen, der keine Textgrenzen mehr erkennen laesst.
Generell handelt es sich hierbei um ein Missverständnis und Missbrauch der Konzepte des "Culture Jamming", "Appropriation" und "Subversion von Zeichen". Bei diesen Praktiken geht es nicht um einen Freibrief zur kostenlosen Selbstbedienung bei KollegInnen, sondern - v.a. im netzaktivistischen Bereich - um eine Strategie
der Entwendung von Zeichen (z.B. Markennamen, CIs, Logos) zwecks Unterwanderung der Autoritaet grosser Korporationen. Es geht um die kritische, künstlerische Verfremdung und Wiederaneignung herrschender Codes, nicht um unkritisches
postmodernes Recycling und auch nicht um Arbeitseinsparungen für Kuratoren und Kritiker, die sich sowenig Mühe wie möglich machen wollen."
Nun bedient sich ein mehr oder weniger etabliertes Museum dieser Techniken und mischt diejenigen auf, die mittels entsprechenden Themen noch gerne in diese Institutionen hinein wollen. Der Tenor der Diskussion jedenfalls geht in die Richtung, die einen sind böse, weil das Buch kommerziell vertrieben wird (ja wir wissen alle, mit solchen büchern verdienen wir Millionen ... und edition selene erst, auch böse). Da haben wir ihn wieder: diesen deutschen Affekt, das Böse ist immer und überall: komerziell.
Und dann ist da noch die Konkurrenz und die Behauptung, dass die Herausgeber und Kuratoren mit den geklauten Texten Karriere machen wollen. Immer noch Arns....
"Bei Just do it scheint es sich jedoch nicht um ein Missverstaendnis aus Unwissenheit zu handeln, sondern um eine bewusste karrieristische Verschleierungsstrategie."
Tja, wieder nicht zitiert worden. Wieder ein Baustein weniger in der eigenen Kuratoren- und Künstlerbiographie (Wie heißt es doch so schön oder ähnlich: "Ich möchte Teil einer Widerstandsbewegung sein ...").
4. Das Markenzeichen Florian Cramer, dem ebenfalls übel mitgespielt wurde, tritt darauf hin auf den Plan und es outet sich Florian Cramer in einer weiteren Stellungnahme ebenfalls als "Kurator" ("Die kuratorische Rhetorik vom Widerstand") mit einer verzweifelten Satire. Er hat bemerkt, dass es uncool ist, was er da schreibt und bejammert. Aber er weiss ja zu bluffen und weiss auch welche Autoren er heranziehen muss, um auf der Seite der Guten zu bleiben:
"Die Situationisten entwickelten eine Methode der permanenten Entfremdung von gesellschaftlichen Konventionen. Was ich, wie man sieht, noch viel besser kann. Die Situationisten suchten nach Rissen innerhalb der Gesellschaft, die sie mit Satire, Bluffs, Provokationen und Gewalt vergrößern wollten. Satire und Provokationen sind zwar nicht so mein Ding, bluffen kann ich aber ganz gut und Gewalt übe ich lieber diskursiv aus. Manchmal packt mich der Kasernenhofton, und ich schwadroniere vom situationistischen "Vollstreckungsbefehl an die Wirklichkeit". Doch was ich eigentlich sagen will, ist: Stangen aller Edlinger, waldvögelt Euch ins Knie!"
Wir haben gelernt, dass Culture Jamming gegen Big Business im Museum für den Oarsch ist. Doch mit diesem Museumskatalog wird der Kunstbetrieb auf seinem eigenen Feld und mit den ihm adäquaten Mitteln angegriffen. Vorführen tut sich der Laden nun selbst (Man muss nur die absurden rechtlichen Tips und Ratschläge auf der Mailingliste anschauen, da schlägt das Herz eines jeden Kommunikationsguerilleros - bessere Vorlagen aus der deutschen Buchhalterseele kann doch niemand liefern - und das zeigt welch verheerende Auswirkungen die flächendeckende Einrichtung von Kulturmanagementstudiengängen nach sich zieht). Der Lentos-Katalog führt auf eindrückliche Weise vor, dass es dem Künstler-Culture-Jamming nicht um Widerstand gegen was auch immer geht, sondern um das je eigene Markenzeichen, das ist auch weder wirklich verwerflich oder auch moralisch schlecht. Nur hören würden wir es ab und zu ganz gerne, damit es weniger oft vorkommt, dass wir uns dabei ertappen, wenn wir Kunst mit Widerstand verwechseln, anstatt künstlerische Mittel zum Widerstand einzusetzen..
Glückwunsch Edlinger, Waldvogel und Stange - Wir sind ein bisserl neidisch ....
PS. Zur Ehrenrettung der Rohrpost-Liste müssen wir dann doch noch den Johannes-Auer-Vorschlag nachreichen:
"koennte es nicht vielleicht sein, dass ihr mit eurer reaktion genau in die strategie der initiatoren spielt (sozusagen "arns" und "cramer" als marke verstanden mit den theoretischen texten als markenzeichen. protest erwuenscht und kalkuliert...)
anderer vorschlag: bezeichnet euch in euren cv's ab sofort als die kuratoren dieser ausstellung, schickt ein paar gepflegte kuratorische statements durch die listen, plagiiert die museums-/verlags-seite, natuerlich mit euch als kuratoren, gebt am besten den katalog noch einmal unter eurem namen heraus (ist machbar...)...
und irgendwann spaeter kann man vielleicht mal ueber "just do it" zu seinen bedigungen diskutieren (da gibt es ein, zwei aspekte, die ich nicht uninteressant finde...)"
Aber danach geht's grad so weiter - ....
kg2u - am Donnerstag, 7. Juli 2005, 12:00 - Rubrik: Culture Jamming
florian_cramer meinte am 7. Jul, 12:33:
Anmerkungen
> Nun tritt der nächste Kuratorenkollegen auf den Plan: Florian Cramer,> dem ebenfalls übel mitgespielt wurde:
Der Satz ist verrutscht, weder hat Inke Arns das geschrieben, noch stammt das restliche Zitat von mir. Könnt Ihr das korrigieren? -
Noch ein paar Anmerkungen: "dient sich ein etabliertes Museum dieser Techniken und mischt diejenigen auf, die mittels entsprechenden Themen noch gerne in diese Institutionen hinein wollen." Den Schuh muss ich mir wirklich nicht anziehen. In meiner institutionellen Arbeit [d.h. als ehemaliger Uni-Dozent] mache ich klassische Literaturwissenschaft, z.B. auch Einführungen in Zeichentheorie, aber habe Themen, in die ich selbst aktivistisch involviert bin, immer bewusst herausgelassen.
- "Und dann outet sich auch Florian Cramer als "Kurator" ("Die kuratorische Rhetorik vom Widerstand") mit einer verzweifelten Satire. Irgendwie merkt er dass es uncool ist, was er da schreibt und bejammert. Aber er weiss ja zu bluffen und weiss auch welche Autoren er heranziehen muss, um auf der Seite der Guten zu bleiben:"
Seufz, ok, nun oute ich mich bzw. den Text wirklich, denn dieses blödsinnige Zeug stammt grösstenteils nicht von mir, sondern von dem "Just Do It"-Kurator Florian Waldvogel und ist im Original unter http://www.rebelart.net/i0002.html
zu lesen.
"Doch mit diesem Museumskatalog wird der Kunstbetrieb auf seinem eigenen Feld und mit den ihm adäquaten Mitteln angegriffen." Ist mir ganz neu, dass ich im Kunstbetrieb bin. Das muss ich heute unbedingt meiner Sachbearbeiterin auf dem Arbeitsamt erzählen.
Grüsse,
Florian
florian_cramer meinte am 11. Jul, 14:02:
Hallo?
Die meisten Zitate, die mir zugeschrieben werden("Das Markenzeichen Florian Cramer, dem ebenfalls übel mitgespielt wurde, tritt darauf hin auf den Plan:" [...] "immer noch Cramer"), stammen nicht von mir. Könnt Ihr das bitte endlich korrigieren?
Florian
matzeschmidt antwortete am 12. Jul, 18:33:
Die Mini-Debatte aus "Culture Jamming" und dem marginal sich selbst hypenden "Neoismus", sowie der dazukommende Schuss der in der BRD aktuell an den Start gegangenen Generation der Anfang bis Mitte 30jaehrigen Kuratoren (hart.ware Chefin, Bundeskult.stiftung, Kunstverein Wolfsburg mit Justin Hoffmann etc.), erscheint hier als Ansammlung verdrehter Anti-Marken (analog zu "Anti-Kunst") und wieder einmal als kritische Kritik, bzw. Pseudokritik von Verhaeltnissen, welche die Protagonistinnen dieser Lager nicht faehig sind zu anaysieren. Die Gruppierungen koennen blosz konstatieren, beschreibend reden und boese bis wichtig dreinblicken - was sie mit der Vorgaengergeneration diverser Kritiker (z.B. Hans Ulrich Reck) teilen - und halten mit ihren staatlich gefoerderten Produktionen die Kulisse einer Kreativitaet in der Krise aufrecht.
florian_cramer antwortete am 13. Jul, 02:00:
Was Neoismus...
... mit der ganzen Sache und der Bundeskulturstiftung zu tun hat, musst Du mir noch erklären, Matze. ;-)-F
matzeschmidt antwortete am 13. Jul, 09:48:
... sehr einfach Florian, es ging um eine Pauschalisierung und rhetorische Gruppierung diverser sog. Kulturproduzentinnen und ihrer Lager meinerseits, dazu gehoert auch der Neoism -- mit seinen neo-(sic!)existentialistischen Spassattacken -- als dessen mehr oder minder prominenter Verteter Du ja persoenlich giltst; 2. die Bundeskult.stiftung triggert seit SPD-Herrschaft im Land die "subversiven Praktiken" ganz offen und inkorporiert sie durch seine Agenten (z.B. Kube Ventura) ganz im Sinne der bekannten Foucaultistischen Parole, ausgegeben von der dortigen Bossin: "Baut Heterotopien" -- aber das inhaltlich sicher nicht mehr lange, d.h. es werden nach der kommenden "Wahl" vermutlich Sitze wegfallen und Koepfe Rollen. Wohl auch in der Berliner Filiale der "Bundeszentrale fuer Politische Bildung", was dann ganz einfach und verlinkt zur Berliner Wizards-of-Netz-Clique fuehrt, die hatte ich hier ganz vergessen. textz.com (halbautonomes Ziehkind des Fuehrers in der Ziegelstr.) und das pirate cinema berlin zaehlen mitunter ebenfalls zur Culture Jam-Schickeria und als Komplex bauen beide auf die Popularisierung (netz-)technischer Subversion und bindungslosem Zeigen (bindungslos meint hier: ohne Bindung an gesellschaftsveraendernde Potenziale, auszer dem eigenen Publikum aus White Collar Workers und Professoren in spe; "La Commune" fuer wen?), was fuer Soziales Hacking = wir-veraendern-die-Gesellschaft gehalten wird. Dagegen zu halten waere, dasz (ja, dass) es bspw. in der SI (vgl. die rohrpost Debatte zum Vol. II der "Situationistischen Revolutionstheorie" etwa http://coredump.buug.de/pipermail/rohrpost/2005-June/008268.html) nie um bloszes detournement der Zeichen als Selbstzweck ging (wie hier aesthetisierend behauptet wird: http://coredump.buug.de/pipermail/rohrpost/2005-July/008374.html), sondern darin eine Praxis zu sehen ist, die nichts anderes als die Ver-Wendung der Sprache der Herrschenden Klasse beinhaltet. Jedoch nicht um dabei stehen zu bleiben, sondern um auf theoretischer Ebene vor-revolutionaer zu wirken, ohne in kulturalistisch reformerischen Aktivismus zu verfallen, der sich leicht, sehr leicht von irgendwelchen Galleristen-Herausgebern vereinnahmen laesst. Ich glaube uebrigens diese Streits hier interessieren Arbeiterinnen einen Dreck.
florian_cramer antwortete am 13. Jul, 12:11:
schickeria
> rhetorische Gruppierung diverser sog. Kulturproduzentinnen und >> ihrer Lager meinerseits, dazu gehoert auch der Neoism -- mit
> seinen neo-(sic!)existentialistischen Spassattacken -- als dessen
> mehr oder minder prominenter Verteter Du ja persoenlich giltst;
Ach, Matze,ich bin da schon seit bald einem Jahrzehnt nicht mehr aktiv. Die Neoisten sind eine hauptsächlich nordamerikanisch-osteuropäische Bande von Leuten, die mittlerweile auf die 50 und 60 zugehen und sich alle paar Jahre - wie 2004 beim "Department Festival" - zum symbolischen Schwenken brennender Bügeleisen treffen. Ausser mir kennt keiner das "Lager", von dem Du hier sprichst, auch nur den Namen nach.
> 2. die Bundeskult.stiftung triggert seit SPD-Herrschaft im Land die
> "subversiven Praktiken" ganz offen und inkorporiert sie durch
> seine Agenten (z.B. Kube Ventura) ganz im Sinne der bekannten
> Foucaultistischen Parole, ausgegeben von der dortigen Bossin:
> "Baut Heterotopien" -- aber das inhaltlich sicher nicht mehr lange,
> d.h. es werden nach der kommenden "Wahl" vermutlich Sitze
> wegfallen und Koepfe Rollen. Wohl auch in der Berliner Filiale der
> "Bundeszentrale fuer Politische Bildung",
Matze, Du hattest mit Deinen Leute selber keine Probleme, Dich von denen z.B. für den hack.it.art-Auftritt mitsubventieren zu lassen.
> was dann ganz einfach und verlinkt zur Berliner
> Wizards-of-Netz-Clique fuehrt, die hatte ich hier ganz vergessen.
Das ist immer schön, wenn Leute "Cliquen" konstruieren, weil es von aussen den plausiblen Anschein hat, real aber die "Wizards"-Leute sich untereinander selten besser kennen als von den Vorbereitungstreffen und jede/r mitarbeiten kann - und auch gebraucht wird -, der/die kommt. Selbst bei solch einer subventionierten Veranstaltung geht alles für Saalmieten und Referenten-Reisekosten drauf, und ohne manpower durch Selbstausbeutung [bis zum eigenhändigen Zusammenzimmern von Regalen] ginge gar nichts.
> textz.com (halbautonomes Ziehkind des Fuehrers in der Ziegelstr.) > und das pirate cinema berlin zaehlen mitunter ebenfalls zur
> Culture Jam-Schickeria und als Komplex bauen beide auf die
> Popularisierung (netz-)technischer Subversion und bindungslosem
Matze, das sagt sich von Deiner Warte aus natürlich wahnsinnig radikal-bequem. Ich möchte erst mal sehen, dass Du mit Deinen Projekten dieselben persönlichen Risiken wie Sebastian Lütgert eingehst. Ich habe von Dir und Deinen Projekten noch nichts gesehen, was Dir z.B. Abmahnungen, polizeiliche Hauseinbrüche und fünfstellige Zahlungsbefehle einhandeln könnte, bei einem Leben auf dem absoluten Existenzminimum. Es ist echt billig, darüber als "Schickeria" zu polemisieren, wenn das, was ich bisher von Dir gesehen habe - z.B. Deine hack.it.art-Performance - dieses Label aber zehnmal mehr verdient.
> Zeigen (bindungslos meint hier: ohne Bindung an
> gesellschaftsveraendernde Potenziale, auszer dem eigenen
> Publikum aus White Collar Workers und Professoren in spe; "La
> Commune" fuer wen?), was fuer Soziales Hacking =
> wir-veraendern-die-Gesellschaft gehalten wird.
Dann zeig mir, wie Deine Projekte die Gesellschaft verändern.
> nie um bloszes detournement der Zeichen als Selbstzweck ging
> (wie hier aesthetisierend behauptet wird:
> http://coredump.buug.de/pipermail/rohrpost/2005-July/008374.html)
In dem Text ist weder von Situationisten, noch von detournement die Rede.
> Ich glaube uebrigens diese Streits hier interessieren Arbeiterinnen einen Dreck.
Ach Matze, Deine Sozialromantik. Wer nicht in der zugereisten virtuellen Realität von Schickeria-Quartieren wie Berlin-Prenzlauer Berg lebt und mit offenen Augen durch die Strassen läuft, weiss, dass die Proleten schon lange keine Arbeit mehr haben.
-F
matzeschmidt antwortete am 13. Jul, 18:40:
Ach Florian, Deine Lizenromantik ("In der Open Publication License heißt es wörtlich:..."). Um nicht vorhandene Arbeit geht es nicht -- und wenn um Lohnarbeit -- es geht mir um die dumme Lobbyrabeit wie sie Cornelia Sollfrank betreibt, die nur immanent bleiben will: Zitat aus ihrer E-Mail vom 12. Juli 05: "I have to conclude with the finding that this book [gemeint ist das "Just do it"-Buch] is completely irrelevant for the field of culture jamming and artistic appropriation."Und wieso geht es hier: http://coredump.buug.de/pipermail/rohrpost/2005-July/008374.html NICHT um detournement? Du verwendest die Worte "Appropriationskunst" und "antikapitalistische Subversion der Zeichen", das sind doch klare Bezuege zum detournement. Auszerdem schreibe ich Deinen Text ja nicht zum zweiten mal, ich schreibe etwas da-zu!
Und ich weisz ja, Abmahnungen sind die Orden der Anti-(c)-Aktivisten -- interessanterweise dreht sich diese Praxis des Abgemahnens hier, zumindest verbal, gegen die untragbaren Kollegen, welche ohne zu Fragen die Regeln verletzten (was vielleicht zu deren strategischer Logik gehoert, denn Regeln verletzen bringt als Topos Credits in der Linken und stoert die Regulationisten) -- zwar stand die Polizei auch bereits mal vor meiner Tuer wegen diverser Kritikaktionen von mir auf z.B. Bild-Foren, nur ist meine Selbst-History, sprich die oeffentliche Biografie, nicht so perfekt ausgebaut.
Zur Ausstellung hack.it.art in Berlin: da hatte die Superfactory 0:0 Honorar, d.h. die ich glaube 300,- EUR, die wir bekommen haben, haben wir komplett ausgegeben fuer das was wir gemacht haben. Simpler geht Selbstausbeutung nicht = Probleme (dein Wort) hatten wir da resultierend schon. Zu meiner weiteren Verteidigung vor diesem Hacker-Tribunal verweise ich auf meine Arbeit zus. mit Sebatian Stegner u.a.: http://www.real-mapping.net
Und nochetwas: Wizards-of... bezahlen zwar nichts selbst, aber bauen sich die Karrieren, das ist doch offenbar das verdraengte Streithema der Debatte um "Just do it" (der Claim wurde uebrigens von Martin Kaltwasser et.al. in Kassel 2002 zur Documenta in Kassel zum Titel appropriiert).
matzeschmidt antwortete am 14. Jul, 12:56:
Da hast Du mal wieder nicht ordentlich recherchiert und bringst die URLs wie Deine Telefonnummern durcheinander, was? Obwohl hier: http://coredump.buug.de/pipermail/rohrpost/2005-June/008268.html tatsaechlich das Woertchen "Situationist..." vorkommt. Dich jagt der Rechtfertigungszwang und der Ausgebeuteten-Blues. Und das Dissen kannst Du auch nicht richtig, weil Du nur dagegenhaelst. Dabei musst Du doch d-e-k-o-n-s-t-r-u-i-e-r-e-n, Mann. Hier, ca. 50 m ueber dem ZKM, ist es ziemlich stickig, und wenn die Herren im Chor mit Boris Groys gleich ueber Politik und Kapital in bester Post-Manier schwadronieren werden, dann wird es noch viel waermer hier. Aber um Karrieren geht es schon, wenn der CC-Craemer mit tiefblauer Ink(e) schreibt, dass er DIE RECHTE hat und jetzt gleich mal die GPL-Diktatur ausruft.
matzeschmidt antwortete am 14. Jul, 17:31:
schreibt man dissen nicht Klein? Ist das jetzt ein Bootleg?
kg2u antwortete am 16. Jul, 11:26:
Aenderung erfolgt
sorry - mein Internetanschluss ist derzeit nicht wirklich vorhanden.
florian_cramer antwortete am 16. Jul, 14:41:
Danke
Danke, ich war mir nicht sicher, ob die Umwidmung der Zitate als Kommunikationsguerilla-Akt intendiert war. ;-) Noch mal zum Inhaltlichen: Es könnte ja hypothetisch auch Kommunikationsguerilleros geben, die in ihrem Brotjob z.B. Rundfunkautoren sind und es sich genausowenig gefallen lassen würden, wenn ihr Sender ihre Beiträge plötzlich anonymisieren, umschneiden und nicht mehr bezahlen würde - am besten noch mit dem zynischen Hinweis, man kenne ja die subversiven Aktivitäten des/r Autor/in und deswegen solle er/sie sich nicht so haben. Um nichts anderes geht es hier, und dass Linke es brillant finden, wenn Institutionen freie Autoren ausbeuten, finde ich doch etwas seltsam.