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Das Leben des Heiligen Prekarius nach den wahren Begebenheiten

Prekarius kam als Sohn einer auf Lebenszeit verbeamteten Kunst- und Religionslehrerin und eines reichen und bei den wohlhabenden Bürgern seiner Stadt gerngesehenen Steuerberaters auf diese Welt.

Schon während der Schwangerschaft verspürte die Mutter die besondere Leichtigkeit mit der ihr die Arbeit von der Hand ging, immer da sich das Kind unter ihrem Herzen bewegte. Sie kam nieder auf dem Parkplatz eines Schnellrestaurants in eben dem Moment, indem die Angestellten des Restaurants Lohnerhöhung um 50 Silberlinge bekamen.

Ungeachtet dieses Wunders entwickelte sich der junge Prekarius ganz im Sinne seiner Eltern und zeigte neben hervorragenden schulischen Leistungen reges Interesse an der kreativen Buchhaltung seines Vaters.

Doch mit den ersten Barthaaren wand er sich ab von seinem Elternhause.

Weder das Flehen der Mutter die Beamtenlaufbahn einzuschlagen, noch das Drohen des Vaters, sein Erbteil der Arbeitgebervereinigung zu vermachen konnten ihn von seinem Willen abbringen sich selbst auf dem freien Markt der Arbeit zu behaupten.

Überall wohin er sich wandte wurde ihm Arbeit angetragen, war er sich doch auch für nichts zu schade und achtete gerade das Geringste hoch.

So sortierte er auf Akkordbasis Blechdosen aus gelben Säcken, trug Wurfsendungen aus, deren Beförderung die Post verweigert hatte. Im Sommer umarmte er als wundersames Tier verkleidet Kinder und alte Frauen in Einkaufszentren und auch die größte Hitze entlockte ihm keinen Laut der Klage. Im Winter warb er in Fußgängerzonen Kunden für Mobilfunkverträge und seine Freundlichkeit war immer echt. Allen, die mit ihm arbeiteten war er angenehm und freundlich, er kam stets 10 Minuten vor der Zeit und war nie krank.

In seinem 32. Lebensjahr begab es sich, dass er in einem Call-Center arbeitete, dort pries er den Leuten gegen Erfolgsprämie Breitbandanschlüsse an. Gerade als er von Kollegen zu einer nicht genehmigten Zigarettenpause hatte überreden lassen und den Arbeitsplatz verlassen wollte, klingelte sein Telephon.

Aus seinem Headset drangen die Fanfaren des Himmels in sein Ohr, so ohrenbetäubend, dass er vermeinte nie mehr hören zu können.

Auf seinem Computerbildschirm erschien ein Antlitz, so strahlend, das Prekarius dachte, nie mehr sehen zu können.

Und eine Stimme, dröhnend wie tausend Trompeten sprach zu ihm: SEI DAS SUBJEKT DEINER SELBST!

Da fuhr die göttliche Wundermacht in den Leib des Prekarius ein und wirkte von nun an durch ihn.

Er erhob sich von seinem Platz und der Raum klang wieder vom Jubelgesang der Engel. Alle Callcenter-Mitarbeiter schlossen in dem Moment Verträge mit kommerziellen Großkunden ab und erhielten darauf als Belohnung das Wochenende frei.

Prekarius aber ging hinaus und wandelte unter den Lohnarbeiter dieser Welt. Er trug fortan bei Tag, wie bei Nacht, die McDonalds Dienstkleidung, die er bislang verschämt versteckt hatte. Sie wurde durch ihn zum Zeichen von Würde und besonderer Gläubigkeit. Und wo er hinkam tat er Wundersames.

Durch seine Wunderkraft verwandelten sich Zeitverträge in Lebensanstellungen und Akkordlohn in Gewinnbeteiligung.

Fortbildungsmaßnahmen an denen er teilnahm erbrachten plötzlich tatsächliche Qualifizierung und Ich-AGs gingen erfolgreich an die Börse.

Denen die Arbeit suchten verschaffte er den erstrebten Beruf, und denen die lieber leben wollten ermöglichte seine Weisheit, alle erforderlichen Atteste für die frühe und auskömmliche Rente.

Widersprüchliches sagt man von seinem Ende. Manche sagen er sei von eifersüchtigen Gewerkschaftsfunktionären in den Hinterhalt gelockt worden, andere geben an Zeugen seiner Entrückung geworden zu sein. Er habe sich selbst in eine bezahlbare Fünfzimmerwohnung verwandelt und so eine Alleinerziehenden Mutter mit vier Kindern vor der Obdachlosigkeit errettet
 

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