Das Wiener Museum für Angewandte Kunst hat eine Werkschau des Aktionisten Otto Muehl eröffnet
ISOLDE CHARIM in der taz, 4.3.2004 über den Kunstbetrieb und Provokation
Wien erlebt zurzeit einen ganzen Reigen von Ausstellungen seiner Aktionisten. Der frühere Erfolg der Provokation wird heute zum Erfolg der Provokateure. Günther Brus erhält nun einen Staatspreis, dazu wird die Bundeshymne gespielt - zu der er früher öffentlich onaniert hat. Hermann Nitsch ist mit einer seiner regelmäßigen Ausstellungen vertreten. Und Otto Muehl hat eine Werkschau im Museum für Angewandte Kunst.
Muehl ist aber eine eigene Kategorie. Er ist weder ein feiner älterer Herr noch ein netter Bonvivant. Muehl hat bis heute nicht "abgeschworen". Auch wenn er in zahlreichen Interviews sagt, er sei von seinen Utopien "total" geheilt, so sprechen seine Diktion, sein Tonfall, sein Auftritt eine ganz andere Sprache.
(...)
Das Nachrichtenmagazin profil sprach in diesem Zusammenhang von einer Sehnsucht nach der "Provokation, der Überschreitung von Grenzen". Eine absurde Aussage angesichts der völligen Integration der Provokation in den Kunstbetrieb. Absurd auch, wenn etwa Christoph Schlingensiefs derzeitige Exzesse am Burgtheater nur noch eines bewirken: Langeweile. Und genau aus diesem Grund doch nicht so absurd: Denn der Mythos der Aktionisten ist jener einer wahren Übertretung, nicht nur deren Geste. Die Sehnsucht danach ist aber die Sehnsucht nach einer Gesellschaft, wo eine Übertretung noch möglich war. Dies ist heute Nostalgie. Daran ist nicht zuletzt auch der Erfolg der Provokation schuld."
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ISOLDE CHARIM in der taz, 4.3.2004 über den Kunstbetrieb und Provokation
Wien erlebt zurzeit einen ganzen Reigen von Ausstellungen seiner Aktionisten. Der frühere Erfolg der Provokation wird heute zum Erfolg der Provokateure. Günther Brus erhält nun einen Staatspreis, dazu wird die Bundeshymne gespielt - zu der er früher öffentlich onaniert hat. Hermann Nitsch ist mit einer seiner regelmäßigen Ausstellungen vertreten. Und Otto Muehl hat eine Werkschau im Museum für Angewandte Kunst.
Muehl ist aber eine eigene Kategorie. Er ist weder ein feiner älterer Herr noch ein netter Bonvivant. Muehl hat bis heute nicht "abgeschworen". Auch wenn er in zahlreichen Interviews sagt, er sei von seinen Utopien "total" geheilt, so sprechen seine Diktion, sein Tonfall, sein Auftritt eine ganz andere Sprache.
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Das Nachrichtenmagazin profil sprach in diesem Zusammenhang von einer Sehnsucht nach der "Provokation, der Überschreitung von Grenzen". Eine absurde Aussage angesichts der völligen Integration der Provokation in den Kunstbetrieb. Absurd auch, wenn etwa Christoph Schlingensiefs derzeitige Exzesse am Burgtheater nur noch eines bewirken: Langeweile. Und genau aus diesem Grund doch nicht so absurd: Denn der Mythos der Aktionisten ist jener einer wahren Übertretung, nicht nur deren Geste. Die Sehnsucht danach ist aber die Sehnsucht nach einer Gesellschaft, wo eine Übertretung noch möglich war. Dies ist heute Nostalgie. Daran ist nicht zuletzt auch der Erfolg der Provokation schuld."
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kg2u - am Donnerstag, 4. März 2004, 08:31 - Rubrik: Kunst und Verbrechen Crime and Art
ferromonte meinte am 4. Mär, 09:00:
und was
hat kg2u dazu zu sagen?
kg2u antwortete am 4. Mär, 12:11:
scheint
Orientierungsbedarf zu geben, oder wie sollen wir die Frage verstehen?
contributor antwortete am 4. Mär, 20:38:
Wenn ich mal einmischen darf ...
Das Problem mit solchen apodiktischen Einschätzungen ist, dass sie in bestimmten Fällen zutreffen mögen. Insbesondere im Kontext von Kunst und Versuchen mit Kunst Regeln zu überschreiten. Es kommt aber auf den Kontext an. Das ist eben die Beschränktheit der Kunsthistoriker-Sichtweise, dass sie glauben, sie könnten den Text einer Aktion ein für alle mal entschlüsseln. Die Kommunikationsguerilla hingegen sucht nach dem Ort, an dem die vorgegebenen Regeln einer Bühne nicht gelten, ausser Kraft gesetzt werden können oder umgehbar sind. Deshalb hat Kommunikationsguerilla auch mit Kunst auf dieser Ebene nichts zu tun. Allerdings lässt sich KG auch immer schön als Kunst verklären. Das gefällt mir. Das Problem mit Schlingensief ist, dass er ab und an ein paar lichte Momente und den richtigen Riecher hat. Aber er braucht das Moment der Provokation um Aufmerksamkeit zu erreichen und er will gefallen. Die KG hingegen will nicht gefallen, sondern die vorherrschenden Vorstellungen über die Natur der gesellschaftlichen Beziehungen blamieren, das kann manchmal ganz unlustig sein. Und das schadet nicht. So weit für's erste. Vielleicht später mehr.